Zeitpunkt der Einstandspflicht des Arbeitgebers bei Reduzierung der Pensionskassenleistung
Verringert eine Pensionskasse die Rentenfaktoren und damit die Höhe der zugesagten Leistungen, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, diese Reduzierung durch eine Erhöhung seiner Beiträge an die Pensionskasse auszugleichen. Die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG besteht erst bei Eintritt eines Versorgungsfalls.
Sachverhalt:
Dem Arbeitnehmer wurde eine betriebliche Altersversorgung über eine Pensionskasse zugesagt. Den Leistungen der Pensionskasse liegt ein Bausteinsystem zu Grunde, wonach aus dem eingezahlten Beitrag mit Hilfe eines festgelegten Rentenfaktors jedes Jahr ein individueller Rentenbaustein ermittelt wird. Die Mitgliederversammlung der Pensionskasse beschloss im Jahr 2016, von dem satzungsmäßigen Recht Gebrauch zu machen, den Rechnungszins zu reduzieren. Dies führte zu einer entsprechenden Absenkung des Rentenfaktors für künftige Rentenbausteine und somit zu einer Reduzierung der zugesagten Versorgungsleistungen. Zum Ausgleich dieser Reduzierung bestand die Möglichkeit, entsprechende Zusatzbeiträge an die Pensionskasse zu leisten. Da der Arbeitgeber nicht bereit war, diese Zusatzbeträge zu leisten, reichte der Arbeitnehmer Klage ein.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass die Einstandspflicht des Arbeitgebers nach § 1 Abs. 1 Satz 3 BetrAVG im Falle einer Reduzierung der Leistungen einer Pensionskasse erst bei Eintritt eines Versorgungsfalls besteht, denn erst zu diesem Zeitpunkt kann der Arbeitgeber vergleichen, inwieweit die von der Pensionskasse tatsächlich erbrachten Leistungen den zugesagten Leistungen entsprechen. Zu diesem Zeitpunkt kann sich der Arbeitgeber nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes auch noch darauf berufen, dass hinsichtlich seiner ursprünglich erteilten Versorgungszusage wegen der Höhe der Versorgung, für die er einzustehen hat, eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) eingetreten ist.
Bedeutung für die Praxis:
Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, vor Eintritt eines Leistungsfalles seine Beiträge zu einer Pensionskasse zu erhöhen, um die Reduzierung der Pensionskassenleistung zu kompensieren. Gerade in finanziell schwierigen Zeiten würde eine derartige Verpflichtung eine erhebliche zusätzliche Belastung für die Arbeitgeber darstellen. Aus Sicht der Arbeitgeber ist das Urteil daher sehr zu begrüßen.
Bemerkenswert im vorliegenden Urteil ist zudem der beiläufige Hinweis des Bundesarbeitsgerichts auf eine mögliche Störung der Geschäftsgrundlage. Eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB liegt immer dann vor, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Vertragsparteien den Vertrag so nicht abgeschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber eine Vertragsanpassung verlangen. Im vorliegenden Fall hatte das Bundesarbeitsgericht allerdings das Vorliegen einer Störung der Geschäftsgrundlage nicht zu beurteilen. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Bundesarbeitsgericht die anhaltende Niedrigzinsphase als Rechtfertigungsgrund für eine entsprechende Anpassung der Versorgungszusage anerkennen würde.
(BAG, Urteil vom 12.05.2020 – 3 AZR 157/19)