Widerruf einer Waisenrente – Änderung einer Ermessensentscheidung
BAG, Urteil vom 08.12.2015 – 3 AZR 141/14
Eine Waisenrente, die aufgrund einer Ermessensentscheidung gewährt wird, kann Widerrufen werden, wenn der Anspruch auf Waisenrente nachträglich auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet wird.
Sachverhalt:
Im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung wurde eine Waisenrente zugesagt. Für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, stand es im Ermessen des Vorstands des Versorgungsträgers, eine Waisenleistung zu gewähren, wenn diese infolge geistiger oder körperlicher Gebrechen von mehr als einjähriger Dauer nicht in der Lage wären, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Im vorliegenden Fall hat der Versorgungsträger aufgrund einer entsprechenden Ermessensentscheidung ab 2010 eine Waisenrente gewährt. Der Träger der Sozialversicherung gewährte dem Kind bereits seit 1996 Sozialhilfe in Form stationärer Leistungen in einem Förder- und Pflegezentrum. Im Jahr 2011 hat er den Anspruch auf Waisenrente durch eine entsprechende Verfügung sodann auf sich übergeleitet. Aufgrund der Überleitung hat der Versorgungsträger seine Entscheidung, eine Waisenrente zu zahlen, widerrufen und die Leistungen eingestellt. Hiergegen wendete sich der Träger der Sozialversicherung und verlangte eine Fortzahlung der Waisenrente an sich.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht gab dem Versorgungsträger Recht und lehnte einen weiteren Anspruch des Trägers der Sozialversicherung auf Auszahlung der Waisenrente an sich ab. Nach Aussage des BAG handelt es sich bei der Gewährung der Waisenrente nach den Bedingungen des Versorgungsträgers um eine Ermessensentscheidung. Eine einmal getroffene Ermessensentscheidung ist grundsätzlich unwiderruflich, es sei denn, es liegt eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen vor, die es rechtfertigt, die Gewährung der Waisenrente einzustellen. Das BAG sieht in der Überleitung des Anspruchs auf Waisenrente auf den Träger der Sozialversicherung eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen, da die Waisenrente nicht mehr dem Kind zugutekommt. Mit der Überleitung auf den Träger der Sozialversicherung sei der Versorgungszweck der Hinterbliebenenleistung in Frage gestellt.