Widerruf einer Waisenrente – Änderung einer Ermessensentscheidung

12. Juni 2016vonvon

BAG, Urteil vom 08.12.2015 – 3 AZR 141/14
Eine Waisenrente, die aufgrund einer Ermessensentscheidung gewährt wird, kann Widerrufen werden, wenn der Anspruch auf Waisenrente nachträglich auf den Träger der Sozialhilfe übergeleitet wird.

Sachverhalt:

Im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung wurde eine Waisenrente zugesagt. Für Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, stand es im Ermessen des Vorstands des Versorgungs­trägers, eine Waisenleistung zu gewähren, wenn diese infolge geistiger oder körperlicher Gebre­chen von mehr als einjähriger Dauer nicht in der Lage wären, ihren Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Im vorliegenden Fall hat der Versor­gungsträger aufgrund einer entsprechenden Er­messensentscheidung ab 2010 eine Waisenrente gewährt. Der Träger der Sozialversicherung ge­währte dem Kind bereits seit 1996 Sozialhilfe in Form stationärer Leistungen in einem Förder- und Pflegezentrum. Im Jahr 2011 hat er den Anspruch auf Waisenrente durch eine ent­sprechende Verfügung sodann auf sich überge­leitet. Aufgrund der Überleitung hat der Versor­gungsträger seine Entscheidung, eine Waisen­rente zu zahlen, widerrufen und die Leistungen eingestellt. Hiergegen wendete sich der Träger der Sozialversicherung und verlangte eine Fort­zahlung der Waisenrente an sich.

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht gab dem Versorgungs­träger Recht und lehnte einen weiteren Anspruch des Trägers der Sozialversicherung auf Auszah­lung der Waisenrente an sich ab. Nach Aussage des BAG handelt es sich bei der Gewährung der Waisenrente nach den Bedingungen des Versor­gungsträgers um eine Ermessensentscheidung. Eine einmal getroffene Ermessensentscheidung ist grundsätzlich unwiderruflich, es sei denn, es liegt eine nachträgliche Änderung der tatsäch­lichen oder rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen vor, die es rechtfertigt, die Gewährung der Waisenrente einzustellen. Das BAG sieht in der Überleitung des Anspruchs auf Waisenrente auf den Träger der Sozial­versicherung eine nachträgliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen der Leistungsbestimmungen, da die Waisenrente nicht mehr dem Kind zugutekommt. Mit der Überleitung auf den Träger der Sozialversiche­rung sei der Versorgungszweck der Hinterblie­benenleistung in Frage gestellt.