Versicherungsvertragliche Lösung als Standardfall für die Direktversicherung

7. Oktober 2020vonvon

Scheidet ein Arbeitnehmer mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften aus, konnte der Arbeitgeber seine Einstandspflicht durch die Wahl der versicherungsvertraglichen Lösung der Höhe nach auf die Leistungen der Direktversicherung begrenzen. Voraussetzung hierfür war neben der Erfüllung der „sozialen Auflagen“ auch eine entsprechende Erklärung des Arbeitgebers zur Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung. Die Erklärung musste innerhalb von 3 Monaten nach Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen gegenüber dem Arbeitnehmer und dem Versicherer erfolgen.

Um sicherzustellen, dass die Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung nicht an einem Fristversäumnis scheitert, war es bis Mitte 2016 üblich, eine solche Erklärung bereits bei Vertragsabschluss der Direktversicherung abzugeben. Mit Urteil vom 19.05.2016 hat das Bundesarbeitsgericht (Newsletter 2/2015) jedoch entschieden, dass eine vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses abgegebene Erklärung des Arbeitgebers nur dann den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG genügt, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs der Erklärung beim Arbeitnehmer bereits ein sachlicher und zeitlicher Zusammenhang mit einer konkret bevorstehenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestand. Durch dieses Urteil wurde die einst so einfache Anspruchsbegrenzung mit Hilfe der versicherungsvertraglichen Lösung für die Arbeitgeber deutlich erschwert. Sofern der Arbeitgeber bei Ausscheiden des Arbeitnehmers die Frist versäumt hat oder die ordnungsgemäße Erklärung der versicherungsvertraglichen Lösung nicht nachweisen konnte, konnte der Arbeitnehmer bei Eintritt des Leistungsfalles die unverfallbare Anwartschaft in ratierlicher Höhe verlangen.

Mit der Änderung des Betriebsrentengesetzes zum 24. Juni 2020 wurde die versicherungsvertragliche Lösung nun zum Standardfall. Der Arbeitgeber muss die Anwendung der versicherungsvertraglichen Lösung nicht mehr explizit und innerhalb der 3-Monats-Frist erklären. Die versicherungsvertragliche Lösung findet per Gesetz automatisch Anwendung, wenn die „sozialen Auflagen“ erfüllt sind.

Die „sozialen Auflagen“ sind erfüllt, wenn

der ausgeschiedene Arbeitnehmer das Recht hat, den Vertrag mit eigenen Beiträgen fortzuführen,
alle Überschussanteile zur Leistungserhöhung verwendet werden,
dem Arbeitnehmer spätestens drei Monate nach seinem Ausscheiden ein unwiderrufliches Bezugsrecht eingeräumt wird und der Vertrag weder Beitragsrückstände hat noch beliehen oder abgetreten ist.
Die versicherungsvertragliche Lösung gilt nach dem Willen des Gesetzgebers aber nicht nur für Arbeitnehmer, die künftig aus dem Unternehmen ausscheiden, sondern rückwirkend auch für alle Arbeitnehmer, die bereits ausgeschieden sind und bei deren Ausscheiden die „sozialen Auflagen“ erfüllt waren. Dies ist eine positive Nachricht für alle Arbeitgeber, deren Erklärung der versicherungsvertraglichen Lösung bei Ausscheiden des Arbeitnehmers bislang ausschließlich an der 3-Monats-Frist gescheitert ist. Die hiervon betroffenen Direktversicherungen fallen nunmehr ebenfalls automatisch unter den Anwendungsbereich der versicherungsvertraglichen Lösung.

(Siebtes Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12. Juni 2020 (BGBl 2020 Teil I Nr. 28))