Schadensersatzanspruch gegen Geschäftsführer
LAG Hamm, Urteil vom 18.07.2014, Az. 10 Sa 1492/13
Tatbestand:
Der Kläger hat über seinen Arbeitgeber betriebliche Altersversorgung in Form der Entgeltumwandlung über eine Pensionskasse betrieben. Die Beiträge zur Pensionskasse wurden monatlich von seinem Gehalt einbehalten und an die Pensionskasse abgeführt. Darüber hinaus wurden aufgrund eines Tarifvertrags arbeitgeberfinanzierte Beiträge zu einer Unterstützungskassenversorgung erbracht.
Aufgrund finanzieller Probleme des Arbeitgebers hat dieser in den Jahren 2010 und 2011 fällige Beiträge zur Pensionskasse vom Gehalt des Klägers einbehalten, dieses Geld jedoch nicht zur Beitragszahlung an die Pensionskasse weitergeleitet. Die Lohnabrechnung des Klägers wies dennoch die Entgeltumwandlung, d.h. den Einbehalt und die Abführung des Beitrags an die Pensionskasse aus. Zudem wurden auch die arbeitgeberfinanzierten Leistungen an die Unterstützungskasse nicht erbracht.
Im Jahr 2011 wurde über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet.
Der Kläger hat die Beklagten als Geschäftsführer seines nunmehr insolventen Arbeitgebers auf Schadensersatzanspruch in Anspruch genommen.
Entscheidung:
Das LAG Hamm hat dem Kläger einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB wegen Verstoß gegen § 266a Abs. 3 StGB im Hinblick auf die nicht an die Pensionskasse abgeführten Beiträge zugebilligt. Nach § 266a StGB ist wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt strafbar, wer als Arbeitgeber Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen Anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den Anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten.
Das Gericht sieht es in diesem Fall als erwiesen an, dass die Beklagten als Geschäftsführer des Arbeitgebers den Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB verwirklicht haben, indem Sie als Arbeitgeber die an die Pensionskasse abzuführenden Teile des Arbeitsentgelts des Klägers zwar einbehalten, aber nicht abgeführt haben. Dabei hätten sie es auch unterlassen, den Kläger spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über die unterlassene Zahlung an die Pensionskasse zu informieren. Die Beklagten als Geschäftsführer des Arbeitgebers hätten aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten des Unternehmens eine gesteigerte Überwachungspflicht inne gehabt und hätten dafür Sorge tragen müssen, dass die Mitarbeiter nicht noch zusätzlich durch falsche Informationen auf der Lohnabrechnung in die Irre geführt wurden.
Hinsichtlich der nicht an die Unterstützungskasse abgeführten arbeitgeberfinanzierten Beiträge steht dem Kläger dagegen nach Ansicht des LAG Hamm kein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB zu. Der Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB sei nicht verwirklicht, da kein Einbehalt von Arbeitsentgelt stattgefunden habe.
Bedeutung für die Praxis:
In der Praxis treten immer wieder Fälle auf, in denen der Arbeitgeber Entgelt aufgrund einer Entgeltumwandlungsvereinbarung einbehält, dieses aber nicht wie vereinbart zur Beitragszahlung an den entsprechenden Versorgungsträger abführt. In manchen Fällen geschieht dies versehentlich, z.B. durch Fehler in der Buchhaltung, oft aber auch aufgrund finanzieller Engpässe. Bislang ist den meisten Geschäftsführern aber der Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB und die damit verbundene persönliche Haftung im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB nicht bewusst.
Gerade im Fall von Entgeltumwandlungen in der betrieblichen Altersversorgung sollten die Geschäftsführer gewissenhaft auf die Abführung der Beiträge achten.
Das Verfahren ist derzeit im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht anhängig.