Organe einer Kapitalgesellschaft – Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes
BGH, Urteil vom 23. Mai 2017 – II ZR 6/16
Tatbestand:
Der Bundesgerichtshof hatte sich mit der Frage zu befassen, inwieweit für einen Geschäftsführer einer GmbH, der aufgrund der geringen Beteiligung an dem Unternehmen dem Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes unterfällt, von den zwingenden Vorschriften des Betriebsrentengesetzes abgewichen werden kann. Im konkreten Fall war in der Pensionszusage eine Abfindungsvereinbarung enthalten sowie eine Klausel, wonach die Regelung des § 3 BetrAVG für die Abfindung keine Anwendung finden sollte.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass für Organe einer Kapitalgesellschaft von den Regelungen des Betriebsrentengesetzes insoweit durch Vereinbarung abgewichen werden kann, als dies auch durch Tarifvertrag möglich wäre. § 3 BetrAVG zählt zu den tarifdispositiven Regelungen, sodass hiervon einvernehmlich abgewichen werden konnte. Das Abweichen von § 3 BetrAVG wurde in der Versorgungszusage auch explizit vereinbart. Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung damit, dass Organmitglieder, ähnlich wie Tarifvertragspartner, bei der Aushandlung ihrer betrieblichen Altersversorgung typischerweise dem Arbeitgeber nicht unterlegen sind. Insoweit seien für Organmitglieder die gleichen Abweichungen erlaubt, wie sie auch den Tarifvertragsparteien zustehen. Andernfalls wären Organmitglieder besser geschützt als Arbeitnehmer die einem Tarifvertrag unterfallen. Zudem führt nach Ansicht des Bundesgerichtshofs die Vereinbarung einer Kapitalabfindung an sich ebenso wenig zur Nichtigkeit der Vereinbarung wegen eines Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 BGB, wie die vereinbarte Berechnung der Kapitalabfindung entsprechend § 6a EStG.
Bedeutung für die Praxis:
Der Bundesgerichtshof hat sich nunmehr der Auffassung des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen. Dieses hatte bereits mit Urteil vom 21.04.2009 die Auffassung vertreten, dass für Organe einer Kapitalgesellschaft von allen tarifdispositiven Regelungen des Betriebsrentengesetzes abgewichen werden kann.
Das Urteil führt zu einem weiten Gestaltungsspielraum bei Versorgungszusagen an Geschäftsführer, nicht nur im Hinblick auf die Kapitalabfindung. Entscheidend ist jedoch die richtige Formulierung in der Versorgungszusage. Ist in der Versorgungszusage eine Kapitalabfindung vereinbart oder soll eine solche Regelung aufgenommen werden, empfiehlt es sich, bei der Formulierung darauf zu achten, dass § 3 BetrAVG explizit abbedungen wird. Darüber hinaus sollte vor der Aufnahme einer Kapitalabfindung in die Versorgungszusage zwingend die steuerrechtliche Anerkennung der Kapitalabfindung sichergestellt werden.