Hinterbliebenenversorgung – Angemessenheitskontrolle
BAG, Urteil vom 21. Februar 2017 – 3 AZR 297/15
Sachverhalt:
Der Arbeitgeber hatte dem Arbeitnehmer in einer Formularzusage neben einer Altersversorgung im Falle seines Todes auch eine Hinterbliebenenversorgung für die „jetzige“ Ehefrau zugesagt unter der Bedingung, dass die Ehe bis zum Eintritt des Todes fortbesteht. Nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen ließ sich der Arbeitnehmer scheiden und heiratete erneut. Der Arbeitnehmer klagte nunmehr gegen den PSVaG, der aufgrund der Insolvenz des Arbeitgebers einstandspflichtig war, auf Feststellung, dass sich aus der Versorgungszusage ein Anspruch „Hinterbliebenenversorgung für die neue Ehefrau“ ergebe.
Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht hat eine Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB durchgeführt und dabei festgestellt, dass eine Beschränkung der Hinterbliebenenleistung auf die „jetzige“ Ehefrau eine unangemessene Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben darstellt. Der Versorgungsberechtigte hat ein schützenswertes Interesse daran, dass die Ehefrau versorgt wird, mit der er bei Eintritt des Todes in gültiger Ehe gelebt hat. Die Vereinbarung, dass die Hinterbliebenenleistung nur von der „jetzigen“ Ehefrau in Anspruch genommen werden kann, also der Ehefrau, mit der der Versorgungsberechtigte bei Erteilung der Versorgungszusage verheiratet war, ist daher unwirksam. Danach wäre grundsätzlich diejenige Ehefrau begünstigt, mit der der Versorgungsberechtigte bei Eintritt des Todes in gültiger Ehe gelebt hat. Zum Schutz des Arbeitgebers muss jedoch eine ergänzende Vertragsauslegung dahingehend erfolgen, dass der Anspruch nur dann besteht, wenn diese Ehe während des laufenden Arbeitsverhältnisses geschlossen worden ist. Die bloße Streichung des Wortes „jetzige“ würde andernfalls zu einer unzumutbaren Härte gegenüber dem Arbeitgeber führen.
Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts greift massiv in die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebers ein. Individuell vereinbarte formularmäßige Versorgungszusagen, die auf die „jetzige“ Ehefrau oder ähnliche Begriffe verweisen, sollten überprüft werden. Es empfiehlt sich, in diesen Fällen mit dem Versorgungsberechtigten einschränkende Regelungen wie z. B. eine Spätehenklausel oder eine Altersabstandsklausel zu vereinbaren. Auch kollektive Versorgungszusagen sollten vorsorglich überprüft und soweit möglich angepasst werden.