Hinterbliebenenleistung an den „verwitwete Ehegatten“
BGH, Urteil vom 22.07.2015 – IV ZR 437/14
Die Bezugsrechtsverfügung, dass die Hinterbliebenenleistung an den „verwitweten Ehegatten“ erbracht werden soll, ist regelmäßig dahingehend auszulegen, dass damit der zum Zeitpunkt der Bezugsrechtserklärung verheiratete Ehegatte gemeint ist. Eine nachträgliche Scheidung und Wiederheirat ändert das Bezugsrecht nicht.
Tatbestand:
Der Arbeitgeber des verstorbenen Ehemannes schloss 1987 eine Direktversicherung mit einer Hinterbliebenenleistung ab. Bei Abschluss der Direktversicherung bestand eine gültige Ehe mit der Klägerin. Die Hinterbliebenenleistung sollte nach der damals abgegebenen Bezugsrechtserklärung an die „verwitwete Ehefrau“ geleistet werden. 1997 schied der verstorbene Ehemann aus dem Unternehmen aus und die Direktversicherung wurde im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung auf ihn übertragen. Der verstorbene Ehemann ließ sich von seiner damaligen Ehefrau, der Klägerin, im Jahre 2002 scheiden und heiratete erneut. Das Bezugsrecht der Direktversicherung ließ er unverändert bestehen. Die geschiedene Ehefrau klagte auf Auszahlung der Hinterbliebenenleistungen. Der Versicherer verweigerte die Auszahlung an die Klägerin, da dieser die neue Ehefrau als bezugsberechtigt ansah.
Entscheidung:
Der BGH gab der Klägerin Recht. Die Bezugsrechtserklärung, wonach die Leistung an den „verwitweten Ehegatten“ auszuzahlen ist, ist nach dem tatsächlichen Willen des verstorbenen Ehemannes auszulegen. Im Rahmen der Auslegung ist auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem der verstorbene Ehemann die Bezugsrechtserklärung abgegeben hat. Nach Ansicht des BGH lässt sich der hier vorliegenden Formulierung nicht entnehmen, dass der verstorbene Ehemann immer die im Zeitpunkt des Todes in gültiger Ehe lebenden Ehefrau begünstigen wolle. Eine Vorstellung, dass es sich hierbei nicht um die Bezeichnung einer ganz bestimmten lebenden Person, sondern um eine abstrakte Bezeichnung handelt, sei dem Versicherungsnehmer fremd.
Bedeutung für die Praxis:
Ob sich die Auslegung des BGH auch in der Rechtsprechung des BAG durchsetzen wird, ist fraglich. Dennoch ist es für Arbeitgeber und Versorgungsberechtigte empfehlenswert, bestehende Direktversicherung auf die korrekte Formulierung des Bezugsrechts zu überprüfen. Soll stets der Ehegatte bezugsberechtigt sein, mit dem der Versorgungsberechtigte im Zeitpunkt des Todes in gültiger Ehe gelebt hat, muss dies explizit so vereinbart werden. Gleiches gilt auch für die Benennung von Hinterbliebenen in den anderen Durchführungswegen.