Gesetzliches Rentenalter ist Voraussetzung für die Betriebsrente aus einer Gesamtversorgungszusage
BAG, Urteil vom 13. Januar 2015 – 3 AZR 894/12
Tatbestand:
Der Klägerin (Jahrgang 1959) wurden von der Beklagten 1991 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach deren Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 05.11.1991 (AHV1991) zugesagt.
Die AHV 1991 regelt in § 2 „Festsetzung und Art der Versorgungsbezüge“, dass Mitarbeiterinnen nach einer Wartezeit von fünf Jahren bei Ausscheiden mit Vollendung des 60. Lebensjahres Anspruch auf Altersrente haben. Der Bezug von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist in der AHV 1991 nicht explizit als Leistungsvoraussetzung definiert. Jedoch ist in § 6 „Zahlung, Anrechenbarkeit…“ der AHV 1991 geregelt, dass Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung auf die zugesagten Versorgungsleistungen angerechnet werden sollen.
Die Beklagte teilte ihren Beschäftigten 2010 mit, dass Mitarbeiterinnen ab dem Geburtsjahr 1952 aufgrund der geänderten Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung die Betriebsrente frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahrs gezahlt wird. Begründet wurde diese Änderung damit, dass das gesetzliche Rentenalter stets Voraussetzung für den Anspruch auf Betriebsrente gewesen sei.
Daraufhin erhob die Klägerin Klage und hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die AHV 1991 unabhängig von dem gesetzlichen Rentenalter zu sehen sei. § 2 der AHV 1991 würde die Anspruchsvoraussetzungen abschließend aufzählen, sodass das gesetzliche Rentenalter eben keine Voraussetzung darstellt. Ihrer Ansicht nach widerspricht die Auslegung der Beklagten gegen das geltende Transparenzgebot, dass sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt.
Entscheidung:
Das BAG hat entschieden, dass es sich bei der in § 6 AHV geregelten Anrechenbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung um eine Anspruchsvoraussetzung für den Bezug der Altersleistung handelt. Die Klägerin kann somit frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres ihren Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung geltend machen, da bis zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung besteht. Dies ergebe sich aus der Auslegung der AHV insbesondere der §§ 2, 6 unter Zugrundlegung der Grundsätze für Allgemeine Geschäftsbedingungen.
Nach Ansicht des BAG handelt es sich um eine dynamische Altersgrenze, und es wird stets ein Bezug auf das gesetzliche Rentenalter vorausgesetzt.
Bei den zugesagten Leistungen handelt es sich um eine Gesamtzusage. Verspricht ein Arbeitgeber Leistungen im Wege einer solchen Zusage, so ist davon auszugehen, dass eine einheitliche dynamische Regelung für die gesamten Versorgungsberechtigten gewollt ist, wenn nichts Gegenteiliges geregelt wurde. Das BAG sieht auch keinen Verstoß gegen das Transparenzgebot, da dieses nur zur Anwendung kommt, wenn die Auslegung einer einzelnen Allgemeinen Geschäftsbedingung unterschiedliche Ergebnisse erlaubt und „erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung“ bestehen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Wortlaut des § 2 sei nicht eindeutig und erfordert eine Auslegung. Im Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass eine Anknüpfung an die gesetzliche Altersgrenze gemeint sein muss, da an die damals geltenden Altersgrenzen angeknüpft wurde und somit nur eine flexible Altersgrenze gemeint gewesen sein kann.
Bedeutung für die Praxis:
Für die Praxis bedeutet es, dass ein Arbeitgeber der eine Gesamtzusage unabhängig von den gesetzlichen Altersgrenzen erteilen möchte, dies nur machen kann, wenn er es ausdrücklich in der Versorgungsordnung regelt.