Direktversicherung – Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis
BGH, Urteil vom 08.06.2016 – IV ZR 346/15
Sachverhalt:
Die Arbeitgeberin hatte für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abgeschlossen. Diese kündigte der Arbeitnehmer aufgrund längerer Krankheit und daraus entstandener finanzieller Notlage mit Zustimmung der Arbeitgeberin zum 01.12.2013. Der Versicherer bestätigte die erste Kündigung. Am 31.10.2013 widersprach die Arbeitgeberin gegenüber dem Versicherer der Kündigung, woraufhin dieser die Fortführung der Direktversicherung bestätigte. Mit Schreiben vom 30.12.2013 / 07.01.2014 erklärte die Arbeitgeberin erneut die Kündigung der Direktversicherung. Ebenfalls am 07.01.2014 kündigte der Arbeitnehmer fristlos das Arbeitsverhältnis zum 31.01.2014. Nachdem die Arbeitgeberin den Versicherer über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses informiert hatte, verweigerte dieser die Auszahlung des Rückkaufswertes.
Der Arbeitnehmer verklagte daraufhin den Versicherer auf Auszahlung des Rückkaufswertes an ihn als Bezugsberechtigten der Direktversicherung. Er war der Ansicht, dass die erste Kündigung der Versicherung von der Arbeitgeberin nicht „zu seinen Lasten“ hätte rückgängig gemacht werden können.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof hat den Widerspruch der Arbeitgeberin gegen die erste Kündigung als wirksam angesehen, da die Arbeitgeberin und der Versicherer sich noch innerhalb der Kündigungsfrist auf die Fortsetzung des Vertrages geeinigt hätten. Von einem „Vertrag zu Lasten“ des Arbeitnehmers sei nicht auszugehen, da er aus der Versicherung lediglich bezugsberechtigt sei und somit nicht die gleichen Rechte hätte wie die Arbeitgeberin als Versicherungsnehmerin. Das Bezugsrecht sei bei Fortführung des Vertrages nicht beeinträchtigt. Die Prüfung der zweiten Kündigung der Arbeitgeberin durch den Bundesgerichtshof hat ergeben, dass die Sperrwirkung der sog. versicherungsvertraglichen Lösung nach § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG hier nicht greift, da die Kündigung im laufenden Arbeitsverhältnis ausgesprochen worden sei. Inwieweit das Abfindungsverbot nach § 3 BetrAVG einer Auszahlung des Rückkaufswertes entgegensteht, wenn die Kündigung der Direktversicherung in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis gestanden hat, hat der Bundesgerichtshof bisher noch nicht entschieden. Ob ein solcher Zusammenhang bestand, konnte der Bundesgerichtshof im vorliegenden Fall nicht abschließend feststellen und hat somit den Rechtsstreit an die Vorinstanz zur weiteren Prüfung zurückverwiesen.
Bedeutung für die Praxis:
Besteht ein laufendes Arbeitsverhältnis, kann die Versorgungszusage jederzeit einvernehmlich beendet und die Direktversicherung gekündigt werden. Die Auszahlung des Rückkaufswertes widerspricht dabei weder der Sperrwirkung des § 2 Abs. 2 Satz 5 BetrAVG noch dem Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG.
Steht die Beendigung der Versorgungszusage und die Kündigung der Direktversicherung in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Unternehmen, so gilt das Abfindungsverbot des § 3 BetrAVG nach dem vorstehenden Urteil des Bundesgerichtshofs nicht nur für die Versorgungszusage, sondern schlägt auch auf die Direktversicherung durch. Der Versicherer ist daher berechtigt, die Auszahlung des Rückkaufswertes an den bezugsberechtigten Arbeitnehmer zu verweigern und stattdessen die Versicherung bis zum Eintritt eines Leistungsfalls beitragsfrei fortzuführen.