Beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer bei Unternehmensbeteiligung bis zu 50%
Der Bundesgerichtshof hat festgelegt, wann der persönliche Geltungsbereich eröffnet ist, wenn ein oder mehrere Gesellschafter-Geschäftsführer mit bis zu 50% am Unternehmen beteiligt sind.
Sachverhalt:
Der Gesellschafter-Geschäftsführer eines insolventen Unternehmens setzte sich mit dem PSVaG darüber auseinander, welche Zeiten seiner Geschäftsführertätigkeit dem Insolvenzschutz unterlagen.
Uneins waren sich die Parteien insbesondere über einen Zeitraum von ca. zehn Jahren, in dem der Gesellschafter-Geschäftsführer zusammen mit zwei weiteren Geschäftsführer mit je 1/6 und insgesamt zu 50% am Unternehmen beteiligt war. Das OLG Köln (Entscheidung vom 24.10.2017 – 14 U 11/16) war der Ansicht, dass der Gesellschafter-Geschäftsführer für diesen Zeitraum keine Leistungsmacht im Unternehmen gehabt hätte und somit als Minderheitsgesellschafter einzustufen sei. Hiergegen wendet sich der PSVaG in seiner Revision zum BGH.
Entscheidung:
Im Gegensatz zum OLG Köln stuft der BGH den Gesellschafter-Geschäftsführer für den fraglichen Zeitraum nicht als Arbeitnehmer im Sinne des § 17 BetrAVG ein. Der BGH stellt zunächst klar, dass zwei Gesellschafter-Geschäftsführer mit jeweils 50% Beteiligung zwar nicht – wie ein Mehrheitsgesellschafter – in der Lage seien, alleine auf die Dispositionen der Gesellschaft einzuwirken; gleichwohl vertreten sie zusammengefasst das gesamte Kapital. Abweichend von der bislang gängigen Praxis des PSVaG lässt der BGH damit eine 50% Beteiligung am Unternehmen ausreichen, um den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mehr in den Schutzbereich des BetrAVG einzubeziehen.
Gleiches muss nach Auffassung des BGH auch für den Fall gelten, dass zwei oder mehr Gesellschafter bei Zusammenfassung ihrer jeweils unter 50 % liegenden Beteiligungen die Mehrheit bilden. Der Gesellschafter-Geschäftsführer sei mit seiner Beteiligung am Unternehmen von 1/6 zwar Minderheitsgesellschafter, jedoch seien ihm die Mitgesellschaftsanteile der beiden Mitgesellschafter-Geschäftsführer zuzurechnen, da hinsichtlich der Führung des Unternehmens von einer gleichgerichteten Interessenlage auszugehen ist. Auch lag die Beteiligung des Gesellschafter-Geschäftsführer über der als unwesentlich geltenden Schwelle von 10%, wobei der BGH ausdrücklich offengelassen hat, ob an dieser Grenze festzuhalten ist.
Bedeutung für die Praxis:
Der PSVaG hat sein Merkblatt 300/M1 zur Insolvenzsicherung für Versorgungszusagen an (Mit-) Unternehmer (persönlicher und sachlicher Geltungsbereich des Betriebsrentengesetzes) an die aktuelle Rechtsprechung des BGH angepasst und verfährt ab sofort nach den neuen Vorgaben .
Viele Trägerunternehmen, die bislang davon ausgegangen sind, dass ihre Gesellschafter-Geschäftsführer der Sicherungspflicht des PSVaG unterfallen und Beiträge zum PSVaG geleistet haben, profitieren von dieser Änderung. Sie werden künftig aufgrund der geänderten Einstufung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer von der Beitragspflicht zum PSVaG frei. Die Kehrseite dieser Beitragsersparnis kann den betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführern jedoch schnell zum Verhängnis werden, denn sie verlieren unmittelbar den Schutz des PSVaG. Die Versorgungszusagen der Gesellschafter-Geschäftsführer sind im Falle der Insolvenz des Unternehmens nicht mehr gesichert. Liegt keine anderweitige Absicherung vor, z.B. durch Verpfändung der entsprechenden Rückdeckungsversicherung, kann der Insolvenzverwalter in vollem Umfang auf diese Rückdeckungsversicherung zugreifen. Es ist daher empfehlenswert den Status des Gesellschafter-Geschäftsführers aufgrund der neuen Rechtslage zu überprüfen und, sofern gewünscht, Rückdeckungsversicherungen für betroffene Gesellschafter-Geschäftsführer möglichst zeitnah an diese zu verpfänden.
( BGH, Urteil vom 01.10.2019 – II ZR 386/17 )