Anspruch geringfügig Beschäftigter auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung
LAG München, Urteil vom 13.01.2016 – 10 Sa 544/15 (n.rkr.)
Tatbestand:
Die Beklagte gewährt im Rahmen einer Versorgungsordnung allen Mitarbeitern eine arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Laut der Versorgungsordnung sind geringfügig beschäftigte Mitarbeiter ausdrücklich von dieser Leistung ausgenommen. Die Klägerin, die ursprünglich von der Versorgungsordnung erfasst war, reduzierte ihre Arbeitszeit auf eine geringfügige Beschäftigung und wurde aufgrund dessen von der Versorgung ausgeschlossen. Auf die Versicherungsfreiheit zur gesetzlichen Rentenversicherung hatte die Klägerin nicht verzichtet. Die Klägerin war der Ansicht, dass durch den Ausschluss von geringfügig Beschäftigten aus der Versorgungsordnung eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung gegenüber anderen Teilzeitbeschäftigten vorliegt. Die Beklagte sah den Ausschluss aus der Versorgungsordnung als wirksam an, da die betriebliche Altersversorgung lediglich die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ergänzen sollte. Aufgrund der Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung sei diese Ergänzungsfunktion nicht gegeben und der Ausschluss aus der Versorgungsordnung somit gerechtfertigt. Auch führte die Beklagte als Argument ein Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ertrag der betrieblichen Altersversorgung an.
Entscheidung:
Nach Auffassung des LAG München basiert der Ausschluss der Klägerin aus der Versorgungsordnung unmittelbar auf der kürzeren Arbeitszeit des Minijobs und stellt somit einen nicht gerechtfertigten Verstoß gegen § 4 TzBfG dar. Dem Argument der Beklagten, dass die Klägerin von der Versicherungspflicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist und es sich damit um eine grundsätzlich andere Art des Beschäftigungsverhältnisses handelt, folgt das LAG München nicht, denn seit dem 01.04.1999 sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse per se nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Auch der Versorgungsbedarf der Minijobber gegenüber anderen Teil- und Vollzeitmitarbeitern sei kein Argument, denn der Versorgungsbedarf der Minijobber sei in der Regel eher höher als der anderer Arbeitnehmer. Das LAG München verweist zudem auf die Rechtsprechung des EuGH, der ebenfalls davon ausgeht, dass geringfügig Beschäftigte grundsätzlich gleiches Entgelt für die gleiche Arbeitszeit erhalten müssten wie andere Voll- und Teilzeitbeschäftigte. Schließlich ließ das LAG München auch die Ausführung der Beklagten zum Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ertrag der betrieblichen Altersversorgung dahinstehen, denn es handelte sich nach Ansicht des LAG München jedenfalls nicht um ein krasses Missverhältnis. Darüber hinaus würde die Versorgungsordnung für diesen Fall auch keinen Fortfall der Versorgung regeln.
Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil des LAG München ist bislang nicht rechtskräftig. Die Revision zum BAG wurde eingelegt. Sollte das BAG die Ansicht des LAG München bestätigen, müssten die Arbeitgeber grundsätzlich auch geringfügig beschäftigten Mitarbeitern eine arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung anbieten. Eine Anknüpfung an die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist dann anders als bei der Entgeltumwandlung im Rahmen des § 1a BetrAVG nicht zulässig. Dies gilt auch, wenn ein arbeitgeberfinanzierter Zuschuss zur Entgeltumwandlung gewährt wird. Soweit im Unternehmen bereits Versorgungsordnungen existieren, die eine arbeitgeberfinanzierte Leistung vorsehen, sollten diese zwingend überprüft werden.