Wechsel des Durchführungsweges von einer Versorgungszusage auf einen Pensionsfonds (Past-Service) und eine Unterstützungskasse (Future-Service); Höhe der aufzulösenden Rückstellung bzw. Verrechnung nach § 4e EStG

22. April 2020vonvon

Sachverhalt:
Klägerin war eine GmbH, die ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer im Jahr 2000 eine Versorgungszusage erteilt hatte. In 2010 wurde der erdiente Anteil (Past Service) auf einen Pensionsfonds übertragen. Den sog. Future Service übernahm eine Unterstützungskasse. Die Verpflichtung im Fall der Invalidität eine Invalidenrente zu leisten verblieb im Unternehmen.

Die Klägerin erhöhte (fiktiv) die Pensionsrückstellung für das Jahr 2010 und löste die gesamte (erhöhte) Rückstellung auf. Weiterhin stellte sie einen Antrag nach § 4e EStG.

Im Rahmen einer Außenprüfung kam diese zu dem Ergebnis, dass die fiktive Erhöhung der Rückstellung im Jahr 2010 richtig berechnet sei. Die Auflösung der gesamten Rückstellung habe jedoch nicht berücksichtigt, dass eine Verpflichtung zur Zahlung einer Invalidenrente weiterbestehe und für diese eine entsprechende Rückstellung zu bilden sei. Weiterhin stellte der Prüfer fest, dass die geleistete Zahlung an den Pensionsfonds im Übertragungsjahr als Betriebsausgabe nach § 4e EStG abgezogen werden kann, soweit die aufgelöste Pensionsrückstellung nur den Teil der Pensionsrückstellung berücksichtigt, der auf den Past-Service entfällt. Der übersteigende Teil ist gleichmäßig auf die nächsten zehn Wirtschaftsjahre zu verteilen. Das Finanzamt folgte der Auffassung des Prüfers.

Dagegen erhob die Klägerin Klage beim Finanzgericht. Das FG München hatte festgestellt, dass die Klage begründet ist. Während des laufenden Verfahrens wurde das BMF-Schreiben vom 10.07.2015 (IV C 6 – S 2144/07/10003) veröffentlicht. Hier wurde u.a. dazu Stellung genommen, dass bei der Auflösung von Pensionsrückstellungen auf die am vorangegangen Bilanzstichtag gebildete Pensionsrückstellung abzustellen ist. Dieser Ansicht hat sich das Gericht angeschlossen.

Weiter war das FG der Ansicht, dass der Wortlaut des § 4e EStG nicht einschränkend auszulegen ist, da der volle Abzug der aufgelösten Rückstellung dem Förderzweck des § 4e EStG entspricht. Dies ergebe sich bereits aus der Systematik des § 6a EStG, da Pensionsrückstellungen nur für den erdienten Teil der Pension zugelassen werden.

Entscheidung:
Der BFH folgt dieser Auffassung nicht.

Für die Ermittlung des sofort abzugsfähigen Einmalbetrags an einen Pensionsfonds im Sinne des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG ist für den vorliegenden Fall nicht die in der Steuerbilanz insgesamt aufzulösende Pensionsrückstellung anzusetzen, sondern nur der aufzulösende Betrag, der auf den an einen Pensionsfonds übertragenen sog. Past-Service entfällt.

Der Wortlaut des § 4e EStG ist allerdings einschränkend dahingehend auszulegen, dass die aufzulösende Rückstellung nur soweit zu verrechnen ist, als ihre Auflösung auf der Übertragung der Versorgungsanwartschaft auf einen Pensionsfonds beruht; im Streitfall betraf dies nur den bereits erdienten Teil der bestehenden Anwartschaft, den die GmbH im Rahmen eines Kombinationsmodells (Pensionsfonds und Unterstützungskasse) auf einen Pensionsfonds übertragen hatte. Nach Ansicht des BFH verbietet es der Zweck des § 4e EStG, dass auch der Betrag einer nicht durch die Übertragung an einen Pensionsfonds veranlassten Auflösung von Pensionsrückstellungen in die Anwendung des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG einbezogen wird.

Einen „Förderzweck“, der eine andere Auslegung des § 4e EStG ergibt, kann der BFH nicht erkennen.

Dies ergibt sich nach Ansicht des BFH auch daraus, dass im Fall, dass zunächst nur der erdiente Teil einer Versorgungsanwartschaft auf einen Pensionsfonds übertragen würde, eine Pensionsrückstellung nach § 6a EStG nur für den Past-Service aufzulösen und der Gewinn im Rahmen des § 4e Abs. 3 Satz 3 EStG zu neutralisieren wäre; hinsichtlich des nicht übertragenen noch nicht erdienten Teils der Versorgungsanwartschaft bliebe sie bestehen, da nach der Auslagerung des erdienten Teils die Pensionsverpflichtung im Umfang des Future-Service weiterbesteht; für den verbleibenden Teil ist daher eine gebildete Rückstellung insoweit nicht aufzulösen. Erfolgt im Weiteren eine Übertragung des Future-Service auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse, wäre die Pensionsrückstellung nach § 6a EStG auch insoweit gewinnerhöhend aufzulösen, ohne dass die Möglichkeit besteht, diesen Gewinn durch Saldierung zu kompensieren.

Zudem verneint der BFH die Auffassung des FG München, dass nur der erdiente Teil der Anwartschaft in der nach § 6a EStG gebildete Pensionsrückstellung abgebildet wird.

Die Pensionsrückstellung darf nach § 6a Abs. 3 Satz 1 EStG höchstens mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtung angesetzt werden. Nach Ansicht des BFH ergibt sich aus der Berechnungsmethodik des § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 EStG, mit der die für § 6a Abs. 4 EStG maßgeblichen Teilwerte von Pensionsverpflichtungen zum Schluss der Wirtschaftsjahre ermittelt werden, dass in der zum maßgeblichen Bilanzstichtag nach § 6a EStG ausgewiesenen Pensionsrückstellung auch Beträge enthalten sind, die auf den sog. Future-Service entfallen. Das oben genannte Bewertungsverfahren kennt die Unterscheidung von erdienter und noch zu erdienender Anwartschaft nicht; vielmehr ist auf die insgesamt erreichbare Verpflichtung abzustellen.

Tipp für die Praxis:
Alle noch offenen Fälle müssen nun endgültig nach den Vorgaben des BMF-Schreiben vom 10.07.2015 (IV C 6 – S 2144/07/10003) bewertet werden.

(BFH, Urteil vom 20.11.2019 – XI R 52/17; Vorinstanz: FG München, Urteil vom 04.10.2017 – 6 K 3285/14)

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