Nachträgliche Herabsetzung eines zivilrechtlich wirksam vereinbarten Ruhegehalts

15. Dezember 2017vonvon

BFH Urteil vom 23.08.2017 – VI R 4/16
Tatbestand:

Dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer wurde 1989 im Rahmen seines Anstellungsvertrages eine Pensionszusage erteilt. Hier wurde zugesagt, dass der Kläger bei Vollendung des 65. Lebensjahres und Ausscheiden aus der Geschäftsführung eine Pension auf Lebenszeit in Höhe von 45 % seiner ihm zuletzt gezahlten monatlichen Bezüge erhalten sollte. Im Jahr 1998 wurde eine weitere Zusage vereinbart, in der ihm zusätzliche Leistungen (Altersrente, vorgezogene Altersrente sowie Invalidenrente) zugesagt wurden. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens sah die Zusage vor, dass dem Kläger die Anwartschaft auf die zugesagten Versorgungsleistungen auch dann erhalten bleibt, wenn weder der Invaliditätsfall eingetreten war noch der Kläger das vorgezogene Altersruhegeld in Anspruch nahm. Die Höhe der Anwartschaft berechnete sich in diesem Fall in entsprechender Anwendung des § 2 Abs. 1 BetrAVG. Weiterhin behielt sich das Unternehmen unter bestimmten Voraussetzungen vor, die zugesagten Leistungen zu kürzen oder einzustellen.

Nach Jahren, in denen das Gehalt erhöht wurde, erfolgte zunächst 1998 und dann 2002 eine Herabsetzung des Gehaltes. Daraufhin vereinbarten der Geschäftsführer und das Unternehmen einen Nachtrag zur Zusage mit folgendem Inhalt: „Im Hinblick auf das zuletzt bezogene Gehalt mit € 5.800,00 käme es zu einer Überversorgung des Geschäftsführers unter Berücksichtigung der Zusage gemäß dem Pensionsvertrag vom 18.01.1998. Gemäß dem Urteil des BFH vom 13.11.1975 – IV R 170/73 – passen die Vertragsparteien das monatliche Ruhegehalt ab 2003 auf 75 % des zuletzt bezogenen Gehalts zur Vermeidung der Überversorgung an, mithin auf € 4.350,00.“

Das Finanzamt erhöhte nach einer Außenprüfung die im Einkommensteuerbescheid des Streitjahres erklärten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück. Die im Anschluss erhobene Klage wies das Finanzgericht ab.

Entscheidung:

Verzichtet ein Gesellschafter-Geschäftsführer gegenüber seiner Kapitalgesellschaft auf eine bereits erdiente und werthaltige Anwartschaft aus einer Pensionszusage, ist darin nur dann keine verdeckte Einlage zu sehen, wenn auch ein fremder Geschäftsführer unter sonst gleichen Umständen auf die Anwartschaft aus der Zusage verzichtet hätte. Wurde die Zusage der Altersversorgung im Anstellungsvertrag verankert, führt der Verzicht auf die erdiente und werthaltige Anwartschaft zu einem Lohnzufluss in Höhe des Teilwerts. Insoweit handelt es sich um eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, bei der die Anwendung der Fünftelregelung (§ 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG) in Betracht kommt.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass eine verdeckte Einlage immer dann vorliegt, wenn ein Gesellschafter der Gesellschaft einen einlagefähigen Vermögensvorteil zuwendet, ohne dass der Gesellschafter hierfür neue Gesellschaftsanteile erhält, und wenn diese Zuwendung ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Als verdeckte Einlagen gilt auch, wenn der Gesellschafter auf einen werthaltigen Anspruch aus einer Pensionszusage verzichtet, da er, durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst, der Kapitalgesellschaft einen Vermögensvorteil zuwendet. Die Kapitalgesellschaft wird im Gegenzug von ihrer Verpflichtung aus der Zusage befreit und hat die insoweit gebildete Rückstellung nach § 6a EStG aufzulösen.

Eine andere Wertung kommt nach Ansicht des BFH nur in Betracht, wenn auch ein fremder Geschäftsführer auf eine Anwartschaft aus der Pensionszusage verzichtet hätte. Dies kommt in der Praxis jedoch nur in ganz seltenen Ausnahmefällen vor. Selbst wenn sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens so wesentlich verschlechtert hat, wird ein Fremdgeschäftsführer regelmäßig nur dann auf eine bereits erdiente und werthaltige Anwartschaft verzichten, wenn die Zusage eine Widerrufsmöglichkeit für diesen Fall vorsieht und überhaupt zulässig ist. Dies gilt unabhängig davon, ob der Verzicht mit einer Gehaltskürzung in Zusammenhang steht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führt die Minderung des Aktivgehalts regelmäßig zu einer Überversorgung des Geschäftsführers, sofern die Altersversorgung nicht entsprechend gesenkt wird; dies gilt jedoch nicht für bereits erdiente Anwartschaften, die bis zur Absenkung der Aktivbezüge nicht überversorgend waren. Die Überversorgung ist nämlich ausschließlich stichtagsbezogen zu prüfen. Der BFH führt weiter aus, dass die Bewertung der Einlage mit dem Teilwert der Pensionsanwartschaft des Gesellschafter-Geschäftsführers (=Wiederbeschaffungswert) erfolgen muss und nicht dem nach § 6a EStG ermittelten „Teilwerts“ der Pensionsverbindlichkeit der Kapitalgesellschaft entspricht. Die fiktiv zugeflossene Pensionsanwartschaft ist, so wie eine tatsächlich zugeflossene Abfindung eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers. Dementsprechend kommt die Anwendung der Fünftelregelung nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 EStG in Betracht

Auswirkung für die Praxis:

Auch dieses Urteil des BFH führt dazu, dass die Anpassung einer Versorgungszusage für einen Gesellschafter-Geschäftsführer weiterhin kompliziert bleibt.

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