Invalidenleistung – voraussichtlich dauernde Erwerbsunfähigkeit – befristete Gewährung einer Erwerbsminderungsrente

15. Dezember 2021vonvon

Das Bundesarbeitsgericht musste klären, ob eine Invalidenleistung des Arbeitgebers auch dann zu gewähren ist, wenn die Versorgungszusage eine „voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts“ voraussetzt, die Erwerbsminderungsrente der gesetzlichen Rentenversicherung aber nur befristet gewährt wird.

Sachverhalt:
Dem Arbeitnehmer war ein Anspruch auf Invalidenleistung zugesagt worden. Die Zahlung der Invalidenleistung sollte lebenslang, längstens jedoch für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit erfolgen. Voraussetzung für das Vorliegen der Invalidität war eine voraussichtlich dauernde völlige Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts. Als der Arbeitnehmer invalide wurde, bewilligte die Deutsche Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Bewilligung war jedoch zunächst befristet, weil es nach den medizinischen Untersuchungsbefunden nicht unwahrscheinlich gewesen sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Mit einem nachfolgenden Rentenbescheid wurde dann die Rente wegen voller Erwerbsminderung dauerhaft weiter gewährt. Der Arbeitgeber war der Auffassung, dass eine nur befristete Bewilligung der vollen Erwerbsminderungsrente die Leistungsvoraussetzungen der Versorgungszusage nicht erfüllt und verweigerte die Auszahlung einer Invalidenleistung. Dagegen zog der Arbeitnehmer vor Gericht.

Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht musste die Formulierung der Leistungsvoraussetzung für die Invalidenrente auslegen und kam zu dem Schluss, dass es sich aufgrund der Bezugnahme auf die Erwerbsunfähigkeit im Sinne des Sozialversicherungsrechts um einen dynamischen Verweis handelt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entspricht in einem solchen Fall die Rente wegen voller Erwerbsminderung nach deren Voraussetzung und Inhalt der früheren Erwerbsunfähigkeitsrente. Nach der gesetzlichen Definition setzt auch die volle Erwerbsminderungsrente eine Erwerbsminderung auf nicht absehbare Zeit voraus. Diese Formulierung bedeutet nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts jedoch nicht, dass die Erwerbsunfähigkeit endgültig feststehen muss, so dass auch eine nur befristet gewährte Rente der gesetzlichen Rentenversicherung der Definition der Versorgungszusage entspricht. Im vorliegendem Fall hatte der Arbeitnehmer das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen durch den Bescheid der Deutschen Rentenversicherung nachgewiesen. Infolge dessen gab das BAG seiner Klage statt.

Bedeutung für die Praxis:
Das Bundesarbeitsgericht bleibt seiner bisherigen Rechtsprechung zum Vorliegen eines dynamischen Verweises bei Bezugnahme auf einen Bescheid des Sozialversicherungsträgers treu. Neu ist jedoch die Klarstellung, dass auch ein befristeter Bescheid zur Erwerbsminderung die Anforderungen für eine „voraussichtlich dauerhafte Erwerbsunfähigkeit“ erfüllen kann. Es empfiehlt sich die bestehenden Formulierungen in der Versorgungszusage für die Invalidenleistung im Hinblick auf dieses Urteil zu überprüfen.

(BAG, Urteil vom 13.07.2021 – 3 AZR 445/20)