Gleichbehandlung von Organen einer Gesellschaft

22. Juli 2021vonvon

Das Oberlandesgericht München hatte zu entscheiden, ob eine zwischen dem Geschäftsführer und der Gesellschaft individuell verhandelte Versorgungszusage dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegt.

Sachverhalt:
Eine GmbH hatte vier Geschäftsführern eine Versorgungszusage in Form einer endgehaltsabhängigen Leistungszusage erteilt. Die Versorgungsleistungen sollten mit Vollendung des 60. Lebensjahres, aber auch bereits bei Nichtwiederbestellung des Geschäftsführers oder Abberufung als Geschäftsführer in voller Höhe bestehen.

Der Kläger, dessen Geschäftsführervertrag erst zu einem späteren Zeitpunkt abgeschlossen wurde, erhielt eine Versorgungszusage in der Form der beitragsorientierten Leistungszusage. Die Höhe der zugesagten Versorgungsleistungen sollte dabei den Leistungen der abgeschlossenen Rückdeckungsversicherung entsprechen. Bei einer vorzeitigen Abberufung als Geschäftsführer oder dessen Nichtwiederbestellung sollten dem Kläger anders als bei den übrigen Geschäftsführern die Versorgungsleistungen nicht in voller Höhe zustehen, sondern lediglich in Höhe der Versicherungsleistung, die sich aus den bis zu diesem Zeitpunkt eingezahlten Beiträgen ergibt. Der Kläger fühlte sich durch diese Regelung benachteiligt und klagte auf Gleichbehandlung.

Entscheidung:
Das OLG München wies den Anspruch des Klägers unter Berufung auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1993 ab. Nach Auffassung des Gerichts findet der arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz auf die Geschäftsführer einer GmbH grundsätzlich keine Anwendung, da die Vergütung im Allgemeinen individuell ausgehandelt wird. Das OLG München stellte in diesem Zusammenhang fest, dass im vorliegenden Fall individuelle Verhandlungen über die Versorgungszusage zwischen der Gesellschaft und dem Geschäftsführer geführt wurden. Zudem nimmt das OLG München auf eine Entscheidung des BGH aus dem Jahre 2012 Bezug, wonach § 6 Abs. 3 AGG auf den Zugang zur Geschäftsführerstellung beschränkt ist und für die Entscheidung über die Beschäftigungsbedingungen den zuständigen Geschäftsorganen weitgehend freie Entscheidungen ermöglicht.

Nach Auffassung des OLG München konnte es im vorliegenden Fall jedoch letztendlich dahinstehen, ob der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gilt, denn es lag jedenfalls keine Verletzung dieses Grundsatzes vor. Eine stichtagsbezogene Gruppenbildung stellt nach Meinung des OLG München einen zulässigen Systemwechsel dar.

Bedeutung für die Praxis:
Das OLG München führt in seinem Urteil die sehr unterschiedliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus, die zum Teil den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz für anwendbar hielt, sich von dieser Ansicht jedoch mit dem aktuellsten Urteil aus dem Jahr 1993 wieder abwandte. Bislang liegt somit noch keine verlässliche ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde im vorliegenden Fall jedoch nicht zugelassen. Wie das OLG München in seinem Urteil ausführt, geht das Schrifttum überwiegend davon aus, dass der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz auch für Geschäftsführer einer GmbH zu beachten ist.

Die Anwendbarkeit des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ist daher bislang noch nicht abschließend geklärt. Unternehmen sollten daher prüfen, ob die Geschäftsführer gleichbehandelt werden und ob eventuell sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung vorliegen. Kritisch im Hinblick auf die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könnte dabei vor allem die Verwendung einseitig vorgefertigte Versorgungszusagen gesehen werden, die dem Geschäftsführer zur Unterschrift vorgelegt und nicht individuell ausgehandelt werden. Es empfiehlt sich daher, die Versorgungszusagen individuell zu verhandeln und dies auch nachvollziehbar zu protokollieren. Soweit sachliche Gründe für eine Ungleichbehandlung (z.B. ein Systemwechsel in der betrieblichen Altersversorgung) vorliegen, sollten bis zum Vorliegen einer ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch diese Gründe dokumentiert werden.

(OLG München, Urteil vom 25.11.2020 – 7 U 1297/20)