Hinterbliebenenleistung – Altersabstandsklausel (BAG, Urteil vom 20. Februar 2018 – 3 AZR 43/17)

2. Juli 2018vonvon

Sachverhalt:

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich mit der Frage der Zulässigkeit einer Altersabstandsklausel zu befassen. Die Versorgungszusage des Arbeitnehmers sah einen Ausschluss von Hinterbliebenenleistungen für den Fall, dass dessen überlebende Ehefrau mehr als 15 Jahre jünger war, vor. Die 18 Jahre jüngere Ehefrau des verstorbenen Versorgungsberechtigten hielt wegen Altersdiskriminierung diese Altersabstandsklausel für unzulässig. Sie klagte gegen den Arbeitgeber ihres verstorbenen Ehemannes auf Gewährung einer Hinterbliebenenleistung.

Entscheidung:

Das Bundesarbeitsgericht sieht in der streitgegenständlichen Altersabstandsklausel keine unzulässige Benachteiligung wegen Alters nach §§ 1, 3 AGG. Zwar stellt die Klausel eine unmittelbare Benachteiligung der hinterbliebenen Ehefrau dar, diese Benachteiligung ist allerdings nach § 10 Satz 1 und 2 AGG sachlich gerechtfertigt. Das Bundesarbeitsgericht erkennt eine Begrenzung der mit der Gewährung einer Hinterbliebenenleistung verbundenen finanziellen Risiken für den Arbeitgeber als legitimes Ziel der Altersabstandsklausel an. Die Altersabstandsklausel ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts auch angemessen und erforderlich, da diese die Ehefrau nicht übermäßig beeinträchtigt. Hierzu führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass bei einem Altersabstand von mehr als 15 Jahren, der die Ehe prägende gemeinsame Lebenszuschnitt der Ehepartner von vornherein darauf angelegt ist, dass der Hinterbliebene einen Teil seines Lebens ohne den Versorgungsberechtigten und ohne dessen finanzielle Versorgungsmöglichkeiten verbringt. Insofern ist es aus Sicht des Bundesarbeitsgerichts auch legitim, dass der Arbeitgeber dieses im strukturellen Lebenszuschnitt des Arbeitnehmers angelegte Risiko nicht durch die Zusage einer Hinterbliebenenleistung übernimmt. Ein Altersunterschied von 15 Jahren und mehr zwischen den Ehegatten übersteigt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts den üblichen Altersabstand zum Ehepartner in erheblichem Maße. Statistisch gesehen beträgt bei 80% aller Ehepaare der Altersabstand weniger als sieben Jahre. Durch ein Abschmelzen der Ehegattenrente z.B. durch Quotelung der Hinterbliebenenrente wird nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts das Ziel des Arbeitgebers, nämlich die Begrenzung der finanziellen Risiken für den Arbeitgeber, nicht mit der gleichen Genauigkeit erreicht.

Bedeutung für die Praxis:

Bis zum Inkrafttreten des AGG war das BAG der Ansicht, dass eine Altersabstandsklausel, die Hinterbliebene mit einem Altersabstand von 25 Jahren und mehr ausschließt, zulässig ist. Seit Inkrafttreten des AGG war nun fraglich, ob diese Altersabstandsklauseln, die in vielen Versorgungszusagen und Versorgungsordnungen zu finden sind, auch der AGG-Prüfung standhält. Kritisch sind – auch nach dieser Entscheidung – nach wie vor noch Altersabstandsklauseln, die einen vollständigen Ausschluss von Ehepartnern mit einem Altersunterschied von weniger als 15 Jahren vorsehen. Hier empfiehlt sich zu prüfen, ob anstelle eines vollständigen Ausschlusses nicht ein Abschmelzen des Hinterbliebenenanspruchs in Betracht kommt.