Anspruch geringfügig Beschäftigter auf arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersversorgung

12. April 2016vonvon

LAG München, Urteil vom 13.01.2016 – 10 Sa 544/15 (n.rkr.)
Tatbestand:

Die Beklagte gewährt im Rahmen einer Versor­gungsordnung allen Mitarbeitern eine arbeit­ge­berfinanzierte betriebliche Altersversorgung. Laut der Versorgungsordnung sind geringfügig be­schäftigte Mitarbeiter ausdrücklich von dieser Leistung ausgenommen. Die Klägerin, die ur­sprünglich von der Versorgungsordnung erfasst war, reduzierte ihre Arbeitszeit auf eine gering­fügige Beschäftigung und wurde aufgrund dessen von der Versorgung ausgeschlossen. Auf die Versicherungsfreiheit zur gesetzlichen Ren­tenversicherung hatte die Klägerin nicht ver­zichtet. Die Klägerin war der Ansicht, dass durch den Ausschluss von geringfügig Beschäftigten aus der Versorgungsordnung eine sachlich nicht gerechtfertigte Diskriminierung gegenüber anderen Teilzeitbeschäftigten vorliegt. Die Be­klagte sah den Ausschluss aus der Versor­gungsordnung als wirksam an, da die betrieb­liche Altersversorgung lediglich die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ergänzen sollte. Aufgrund der Versicherungsfreiheit der Klägerin in der gesetzlichen Rentenversicherung sei diese Ergänzungsfunktion nicht gegeben und der Ausschluss aus der Versorgungsordnung somit gerechtfertigt. Auch führte die Beklagte als Argument ein Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ertrag der betrieblichen Alters­versorgung an.

Entscheidung:

Nach Auffassung des LAG München basiert der Ausschluss der Klägerin aus der Versorgungs­ordnung unmittelbar auf der kürzeren Arbeitszeit des Minijobs und stellt somit einen nicht gerecht­fertigten Verstoß gegen § 4 TzBfG dar. Dem Argument der Beklagten, dass die Klägerin von der Versicherungspflicht aus der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist und es sich damit um eine grundsätzlich andere Art des Beschäf­tigungsverhältnisses handelt, folgt das LAG München nicht, denn seit dem 01.04.1999 sind geringfügige Beschäftigungsverhältnisse per se nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung befreit. Auch der Versorgungsbedarf der Mini­jobber gegenüber anderen Teil- und Vollzeit­mitarbeitern sei kein Argument, denn der Versor­gungsbedarf der Minijobber sei in der Regel eher höher als der anderer Arbeitnehmer. Das LAG München verweist zudem auf die Rechtspre­chung des EuGH, der ebenfalls davon ausgeht, dass geringfügig Beschäftigte grundsätzlich gleiches Entgelt für die gleiche Arbeitszeit er­halten müssten wie andere Voll- und Teilzeit­beschäftigte. Schließlich ließ das LAG München auch die Ausführung der Beklagten zum Miss­verhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ertrag der betrieblichen Altersversorgung dahin­stehen, denn es handelte sich nach Ansicht des LAG München jedenfalls nicht um ein krasses Missverhältnis. Darüber hinaus würde die Versorgungsordnung für diesen Fall auch keinen Fortfall der Versorgung regeln.

Bedeutung für die Praxis:

Das Urteil des LAG München ist bislang nicht rechtskräftig. Die Revision zum BAG wurde ein­gelegt. Sollte das BAG die Ansicht des LAG München bestätigen, müssten die Arbeitgeber grundsätzlich auch geringfügig beschäftigten Mitarbeitern eine arbeitgeberfinanzierte Alters­versorgung anbieten. Eine Anknüpfung an die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten­versicherung ist dann anders als bei der Entgeltumwandlung im Rahmen des § 1a BetrAVG nicht zulässig. Dies gilt auch, wenn ein arbeitgeberfinanzierter Zuschuss zur Entgeltum­wandlung gewährt wird. Soweit im Unternehmen bereits Versorgungsordnungen existieren, die eine arbeitgeberfinanzierte Leistung vorsehen, sollten diese zwingend überprüft werden.