Schadensersatzanspruch gegen Geschäftsführer

2. Juli 2015vonvon

LAG Hamm, Urteil vom 18.07.2014, Az. 10 Sa 1492/13
Tatbestand:

Der Kläger hat über seinen Arbeitgeber betrieb­liche Altersversorgung in Form der Entgeltum­wandlung über eine Pensionskasse betrieben. Die Beiträge zur Pensionskasse wurden monat­lich von seinem Gehalt einbehalten und an die Pensionskasse abgeführt. Darüber hinaus wur­den aufgrund eines Tarifvertrags arbeitgeber­finanzierte Beiträge zu einer Unterstützungs­kassenversorgung erbracht.

Aufgrund finanzieller Probleme des Arbeitgebers hat dieser in den Jahren 2010 und 2011 fällige Beiträge zur Pensionskasse vom Gehalt des Klägers einbehalten, dieses Geld jedoch nicht zur Beitragszahlung an die Pensionskasse weiterge­leitet. Die Lohnabrechnung des Klägers wies dennoch die Entgeltumwandlung, d.h. den Ein­behalt und die Abführung des Beitrags an die Pensionskasse aus. Zudem wurden auch die ar­beitgeberfinanzierten Leistungen an die Unter­stützungskasse nicht erbracht.

Im Jahr 2011 wurde über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet.

Der Kläger hat die Beklagten als Geschäftsführer seines nunmehr insolventen Arbeitgebers auf Schadensersatzanspruch in Anspruch genom­men.

Entscheidung:

Das LAG Hamm hat dem Kläger einen Scha­densersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB wegen Verstoß gegen § 266a Abs. 3 StGB im Hinblick auf die nicht an die Pensionskasse abge­führten Beiträge zugebilligt. Nach § 266a StGB ist wegen Veruntreuung von Arbeitsentgelt straf­bar, wer als Arbeitgeber Teile des Arbeits­entgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen Anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer ein­behält, sie jedoch an den Anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten.

Das Gericht sieht es in diesem Fall als erwiesen an, dass die Beklagten als Geschäftsführer des Arbeitgebers den Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB verwirklicht haben, indem Sie als Arbeitgeber die an die Pensionskasse abzufüh­renden Teile des Arbeitsentgelts des Klägers zwar einbehalten, aber nicht abgeführt haben. Dabei hätten sie es auch unterlassen, den Kläger spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder un­verzüglich danach über die unterlassene Zahlung an die Pensionskasse zu informieren. Die Beklag­ten als Geschäftsführer des Arbeitgebers hätten aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten des Unter­nehmens eine gesteigerte Überwachungspflicht inne gehabt und hätten dafür Sorge tragen müssen, dass die Mitarbeiter nicht noch zu­sätzlich durch falsche Informationen auf der Lohnabrechnung in die Irre geführt wurden.

Hinsichtlich der nicht an die Unterstützungskasse abgeführten arbeitgeberfinanzierten Beiträge steht dem Kläger dagegen nach Ansicht des LAG Hamm kein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB zu. Der Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB sei nicht verwirklicht, da kein Ein­behalt von Arbeitsentgelt stattgefunden habe.

Bedeutung für die Praxis:

In der Praxis treten immer wieder Fälle auf, in denen der Arbeitgeber Entgelt aufgrund einer Entgeltumwandlungsvereinbarung einbehält, die­ses aber nicht wie vereinbart zur Beitragszahlung an den entsprechenden Versorgungsträger ab­führt. In manchen Fällen geschieht dies verse­hentlich, z.B. durch Fehler in der Buchhaltung, oft aber auch aufgrund finanzieller Engpässe. Bislang ist den meisten Geschäftsführern aber der Straftatbestand des § 266a Abs. 3 StGB und die damit verbundene persönliche Haftung im Rahmen des § 823 Abs. 2 BGB nicht bewusst.

Gerade im Fall von Entgeltumwandlungen in der betrieblichen Altersversorgung sollten die Ge­schäftsführer gewissenhaft auf die Abführung der Beiträge achten.

Das Verfahren ist derzeit im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesarbeits­gericht anhängig.