Gesetzliches Rentenalter ist Voraussetzung für die Betriebsrente aus einer Gesamtversorgungszusage

2. Juli 2015vonvon

BAG, Urteil vom 13. Januar 2015 – 3 AZR 894/12
Tatbestand:

Der Klägerin (Jahrgang 1959) wurden von der Beklagten 1991 Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach deren Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung vom 05.11.1991 (AHV1991) zugesagt.

Die AHV 1991 regelt in § 2 „Festsetzung und Art der Versorgungsbezüge“, dass Mitarbeiterinnen nach einer Wartezeit von fünf Jahren bei Ausscheiden mit Vollendung des 60. Lebens­jahres Anspruch auf Altersrente haben. Der Be­zug von Leistungen aus der gesetzlichen Renten­versicherung ist in der AHV 1991 nicht explizit als Leistungsvoraussetzung definiert. Jedoch ist in § 6 „Zahlung, Anrechenbarkeit…“ der AHV 1991 geregelt, dass Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung auf die zugesagten Versor­gungsleistungen angerechnet werden sollen.

Die Beklagte teilte ihren Beschäftigten 2010 mit, dass Mitarbeiterinnen ab dem Geburtsjahr 1952 aufgrund der geänderten Altersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung die Betriebs­rente frühestens mit Vollendung des 63. Lebens­jahrs gezahlt wird. Begründet wurde diese Ände­rung damit, dass das gesetzliche Rentenalter stets Voraussetzung für den Anspruch auf Betriebsrente gewesen sei.

Daraufhin erhob die Klägerin Klage und hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Die Klägerin vertritt die Auffassung, dass die AHV 1991 unabhängig von dem gesetzlichen Rentenalter zu sehen sei. § 2 der AHV 1991 würde die Anspruchsvoraussetzun­gen abschließend aufzählen, sodass das gesetz­liche Rentenalter eben keine Voraussetzung dar­stellt. Ihrer Ansicht nach widerspricht die Ausle­gung der Beklagten gegen das geltende Trans­parenzgebot, dass sich aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt.

Entscheidung:

Das BAG hat entschieden, dass es sich bei der in § 6 AHV geregelten Anrechenbarkeit der gesetz­lichen Rentenversicherung um eine Anspruchs­voraussetzung für den Bezug der Altersleistung handelt. Die Klägerin kann somit frühestens mit Vollendung des 63. Lebensjahres ihren Anspruch auf die betriebliche Altersversorgung geltend machen, da bis zu diesem Zeitpunkt kein An­spruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Ren­tenversicherung besteht. Dies ergebe sich aus der Auslegung der AHV insbesondere der §§ 2, 6 unter Zugrundlegung der Grundsätze für Allge­meine Geschäftsbedingungen.

Nach Ansicht des BAG handelt es sich um eine dynamische Altersgrenze, und es wird stets ein Bezug auf das gesetzliche Rentenalter vorausge­setzt.

Bei den zugesagten Leistungen handelt es sich um eine Gesamtzusage. Verspricht ein Arbeit­geber Leistungen im Wege einer solchen Zusage, so ist davon auszugehen, dass eine einheitliche dynamische Regelung für die gesamten Versor­gungsberechtigten gewollt ist, wenn nichts Gegenteiliges geregelt wurde. Das BAG sieht auch keinen Verstoß gegen das Transpa­renz­gebot, da dieses nur zur Anwendung kommt, wenn die Auslegung einer einzelnen Allgemeinen Geschäftsbedingung unterschiedliche Ergebnisse erlaubt und „erhebliche Zweifel an der richtigen Auslegung“ bestehen. Dies sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Der Wortlaut des § 2 sei nicht eindeutig und erfordert eine Auslegung. Im Gesamtzusammenhang ergebe sich, dass eine Anknüpfung an die gesetzliche Altersgrenze ge­meint sein muss, da an die damals geltenden Altersgrenzen angeknüpft wurde und somit nur eine flexible Altersgrenze gemeint gewesen sein kann.

Bedeutung für die Praxis:

Für die Praxis bedeutet es, dass ein Arbeitgeber der eine Gesamtzusage unabhängig von den gesetzlichen Altersgrenzen erteilen möchte, dies nur machen kann, wenn er es ausdrücklich in der Versorgungsordnung regelt.