Erklärungsfrist bei der versicherungsvertraglichen Lösung

2. Juli 2015vonvon

LAG, Schleswig Holstein vom 16.10.2014 – AZ: 5 Sa 82/14
Tatbestand:

Das Landesarbeitsgericht Schleswig Holstein (LAG) hat entschieden, dass eine vorbehaltslose Erklärung des Arbeitgebers zu Beginn der Zusage oder während des laufenden Arbeitsverhältnisses über die Anwendung der versicherungsvertrag­lichen Lösung den gesetzlichen Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG genügt.

Die Klägerin war mehrere Jahrzehnte bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten angestellt. Im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses wurde eine Direktversicherung abgeschlossen, woraus sich unter anderem ein Anspruch auf Berufs­unfähigkeitsleistung ergab. Die Versorgungs­ordnung regelte darüber hinaus, dass bei vorzei­tigem Ausscheiden aus dem Anstellungs­verhältnis die versicherungsvertragliche Lösung nach § 2 Abs. 2 BetrAVG gelten soll und dass der Anspruch auf Berufsunfähigkeitsleistung erlischt, wenn die Versicherung nicht innerhalb von 3 Mo­naten nach dem Ausscheiden der Klägerin durch Eigenbeiträge fortgesetzt wird. Darüber hinaus wurde der Klägerin während des laufenden An­stellungsverhältnisses eine Unverfallbarkeitsmit­teilung ausgehändigt, in der unter anderem auf die vereinbarte versicherungsvertragliche Lösung hingewiesen wurde.

Nach Ausscheiden aus dem Unternehmen wurde die Klägerin erwerbsunfähig und verlangt nun unter Berücksichtigung des Quotierungsverfah­rens nach § 2 Abs. 1 BetrAVG eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente. In dem zwischen den Parteien geschlossenen Aufhebungsvertrag wur­de u.a. geregelt, dass mit diesem Aufhebungs­vertrag sämtliche Ansprüche zwischen den Parteien abgegolten und erledigt sind. Davon ausgenommen sind eventuelle unverfallbare An­sprüche der betrieblichen Altersversorgung.

Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte die Klägerin nach Ausscheiden aus dem Arbeits­verhältnis jedoch nicht mehr ausdrücklich auf die bereits vereinbarte versicherungsvertragliche Lösung sowie auf die Möglichkeit der Aufrecht­erhaltung der Berufsunfähigkeitsleistung durch Eigenbeiträge hingewiesen.

Die Klägerin macht geltend, dass die Beklagte ihr gegenüber die Anwendung der versicherungsver­traglichen Lösung nicht innerhalb der 3-Monats-Frist des § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG erklärt hat. Eine entsprechende Erklärung sei erst ab dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis möglich gewesen. Aus diesem Grund habe sie nun Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nach dem Quotierungsverfahren.

Des Weiteren beruft sich die Klägerin noch auf einen Anspruch auf Schadensersatz, da die Be­klagte beim Abschluss des Aufhebungsvertrages gegen ihre vertraglichen Aufklärungs- und Infor­mationspflichten verstoßen habe. Sie hätte die Klägerin bei deren Ausscheiden ausdrücklich dar­auf hinweisen müssen, dass ein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente nur dann aufrecht erhal­ten wird, wenn die Klägerin die Versicherung mit eigenen Beiträgen fortsetzt.

Entscheidung:

Das LAG hat die Klage abgewiesen. Das Gericht vertritt die Auffassung dass die Beklagte nicht gegen § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG verstoßen habe und das Quotierungsverfahren keine Anwendung findet.

Es sieht die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG als auslegungsbedürftig an. Es sei un­klar, ob „innerhalb“ von drei Monaten nach Aus­scheiden zugleich bedeutet, dass eine während des laufenden Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitnehmer abgegebene Erklärung als ausreichend angesehen werden kann. Das Gericht wie auch die Literatur vertritt die Meinung, dass dies der Fall ist. Zur Begründung wird auf den Gesetzeszweck verwiesen, da die Fristbestimmung lediglich zum Schutz des Arbeitnehmers besteht, damit dieser über die Rechtsfolgen seiner Ansprüche bei vorzeitiger Beendigung seines Arbeitsverhältnisses in Kennt­nis gesetzt wird. Dieser Zweck ist ebenso er­reicht, wenn das versicherungsvertragliche Ver­fahren schon während des Arbeitsverhältnisses gewählt wird und dies für den Arbeitnehmer erkennbar ist.

Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass späte­stens mit der Aushändigung der Unverfallbar­keitsbescheinigung ausdrücklich auf die versiche­rungsvertragliche Lösung und die Möglichkeit der Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Bei­trägen hingewiesen wurde. Die Klägerin hätte erkennen können, dass die betriebliche Berufs­unfähigkeitsrente beim vorzeitigen Ausscheiden verfällt, wenn sie die Beitragszahlungen nicht übernimmt.

Zudem ist die Beklagte ihrer vertraglichen Auf­klärungs- und Informationspflicht bei Abschluss des Aufhebungsvertrages nachgekommen. Die Klägerin war durch das zuvor erhaltene Unver­fallbarkeitsschreiben informiert. Darüber hinaus hat sich aus dem Aufhebungsvertrag ergeben, dass die Ansprüche aus betrieblicher Alters­versorgung nicht abgegolten sind. Somit war für die Klägerin auch ersichtlich, dass sie für diese Ansprüche noch Sorge tragen muss.

Bedeutung für die Praxis:

Die Entscheidung des LAG ist zu begrüßen. Die Vereinbarung der versicherungsvertraglichen Lö­sung ist in der Praxis sowohl in Versorgungs­ordnungen als auch in Versorgungszusagen üblich, um die Einhaltung der 3-Monatsfrist von Beginn an sicherzustellen und ab Zusagebeginn Rechtssicherheit für Arbeitgeber und Arbeit­nehmer zu schaffen. Zugleich bedeutet diese Vorgehensweise für die Arbeitgeber eine deut­liche Verwaltungsvereinfachung.

Gegen die Entscheidung des LAG ist Revision zum BAG eingelegt.