Hinterbliebenenversorgung – „Haupternährerklausel“

25. März 2015vonvon

BAG, Urteil vom 30.09.2014 – 3 AZR 930/12
Das BAG hat entschieden, dass eine Klausel, wonach die Hinterbliebenenleistung nur dann gewährt wird, wenn der Versorgungsberechtigte „den Unterhalt der Familie überwiegend bestrit­ten hat“, gegen das Transparenzgebot des § 307 BGB verstößt und damit unwirksam ist.

Im vorliegenden Fall wurde dem Versorgungs­berechtigten eine Pensionszusage erteilt, die eine Hinterbliebenenleistung an seine Ehefrau vorsah. Diese sollte aber unter anderem nur dann gewährt werden, wenn der Versorgungsberech­tigte „den Unterhalt der Familie überwiegend bestritten hat“.

Das BAG stellt in seinem Urteil zunächst fest, dass die erteilte Pensionszusage Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.d. § 305 BGB enthält, da es sich um für eine Vielzahl von Pensions­zusagen vorformulierte Vertragsbedingungen handelt. Somit unterliegt die Pensionszusage der AGB-Kontrolle. Gem. § 307 BGB sind Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders (hier den Versorgungsberechtigten) entgegen Treu und Glauben unangemessen benachtei­ligen. Eine derartig unangemessene Benachtei­ligung ergibt sich hier nach Ansicht des BAG aus der mangelnden Klarheit und Verständlichkeit der Bestimmung, denn diese lässt einen Beur­teilungsspielraum für den Arbeitgeber zu. Es wurde nicht hinreichend definiert, in welchen Fällen von einem überwiegenden Bestreiten des Familienunterhalts auszugehen ist. Die Ansicht des LAG Köln, wonach die „Haupternährer­klausel“ dahingehend ausgelegt werden könnte, dass mit ihr an die Regelungen des § 43 Ange­stelltenversicherungsgesetzes (AVG) sowie die dazu ergangene Rechtsprechung angeknüpft werden soll, lehnt das BAG ab. Zwar ist nach Ansicht des BAG der in der Pensionszusage enthaltene Passus vom Wortlaut ähnlich wie § 43 AVG, wonach ein Anspruch des Ehemannes auf Witwerrente nur dann bestand, „wenn die Verstorbene den Unterhalt ihrer Familie über­wiegend bestritten hatte“. Anders als bei Ver­wendung der Begriffe „Berufs- und Erwerbsunfä­higkeit, bei denen das BAG regelmäßig davon ausgeht, dass auf die Begrifflichkeiten des Sozial­versicherungsrechts verwiesen werden soll, kann nach Ansicht des BAG ein verständiger Arbeit­nehmer aufgrund der hier vorliegenden Formu­lierung der „Haupternährerklausel nicht erken­nen, dass auf § 43 AVG Bezug genommen wird. Unabhängig davon war § 43 AVG zum Zeitpunkt der Zusageerteilung bereits seit mehr als 10 Jahre außer Kraft.

Die Formulierung des „überwiegenden Bestreiten des Familienunterhalts“ lässt sowohl in zeitlicher Hinsicht, als auch in Hinblick auf die Begriffe „Familie“ und „Unterhalt“ nicht erkennen, welche Voraussetzungen konkret erfüllt sein müssen, damit der Versorgungsberechtigte als „Haupt­ernährer“ im Sinne dieser Klausel anzusehen ist. Daneben ist auch unklar, welche Einkünfte der Ehegatten im Rahmen dieser Prüfung herange­zogen werden. Nach Ansicht des BAG wäre es der beklagten Arbeitgeberin jedoch ohne weite­res möglich gewesen, die Voraussetzungen für die „Haupternährereigenschaft“ so exakt zu defi­nieren, dass das Gewollte klar und eindeutig zu erkennen gewesen wäre.

Das BAG hat daher entschieden, dass die „Haupternährerklausel“ wegen Verstoß gegen das Transparenzgebot unwirksam ist.

Bedeutung für die Praxis:

Die sog. Haupternährerklausel findet sich oft in älteren Pensionszusagen wieder und ist häufig ähnlich wie im hier vorliegenden Fall formuliert. Wir empfehlen daher die Hinterbliebenen­regelungen in den Pensionszusagen zu über­prüfen und ggf. mit Zustimmung des Versor­gungsberechtigten neu zu formulieren.