Unterstützungskasse für beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer – keine Rückforderungsansprüche bei insolvenzunabhängigem Verzicht auf Herausgabeansprüche
BGH, Urteil vom 08.12.2016 – IX ZR 257/15
Sachverhalt:
Der Arbeitgeber erteilte dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage, welche zum Zeitpunkt der Insolvenz des Unternehmens über den Durchführungsweg „Unterstützungskasse“ finanziert wurde. Die Satzung der Unterstützungskasse enthielt eine Klausel zum grundsätzlichen Verzicht des Trägerunternehmens auf Rückforderungsansprüche aller Art gegenüber der Unterstützungskasse, soweit es sich nicht um irrtümlich geleistete Zahlungen handelt. Dieser Verzicht galt auch im Falle der Beendigung der Mitgliedschaft des Trägerunternehmens.
Der Insolvenzverwalter des Trägerunternehmens forderte nun aufgrund der Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Unterstützungskasse das entsprechende Kassenvermögen ein. Die Unterstützungskasse berief sich dagegen auf den satzungsgemäßen Verzicht des Trägerunternehmens auf Rückforderungsansprüche und verweigerte die Auszahlung.
Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof geht zunächst davon aus, dass zwischen der Unterstützungskasse und dem Trägerunternehmen ein Geschäftsbesorgungsvertrag bestand, der mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens endete. Einen Rückforderungsanspruch aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag erkennt der Bundesgerichtshof nicht, denn die Unterstützungskasse hat alle Gelder, die sie vom Trägerunternehmen erhalten hat, satzungsgemäß zur Rückdeckung ihrer Verpflichtung gegenüber dem Versorgungsberechtigten verwendet. Auch eine Herausgabe der Leistungen der Rückdeckungsversicherung kommt nicht in Betracht, da das Trägerunternehmen auf die Herausgabe des Kassenvermögens satzungsgemäß verzichtet. Der Verzicht des Trägerunternehmens verstößt auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, denn er dient der Erfüllung des Satzungszwecks, nämlich der Gewährung der betrieblichen Altersversorgung gemäß der Versorgungszusage. Auch verstößt der allgemein und insolvenzunabhängig erklärte Verzicht nicht gegen die Insolvenzordnung.
Der hilfsweise erhobene Anfechtungsanspruch scheiterte ebenfalls. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs steht dem Trägerunternehmen kein Anfechtungsanspruch zu, weil keine unentgeltliche Leistung i.S.d. § 134 InsO vorliegt. Die Unterstützungskasse hat die Zuwendungen aufgrund des Geschäftsbesorgungsvertrags erhalten und auftragsgemäß verwendet. Sie erfüllt mit diesen Zuwendungen den Anspruch des Versorgungsberechtigten gegen das Trägerunternehmen aus der Versorgungszusage. Auch der Verzicht des Trägerunternehmens auf die Rückforderung der Gelder führt nicht zu einer Unentgeltlichkeit der Leistungen.
Zusammenfassend hat der Bundesgerichtshof folgende Leitsätze formuliert:
InsO §§ 119, 115 Abs. 1, 116:
Der in einem Auftrags- oder Geschäftsbesorgungsverhältnis allgemein und insolvenzunabhängig erklärte Verzicht auf Herausgabeansprüche des Auftraggebers ist wirksam.
InsO § 134 Abs.
Die dem Auftragnehmer zur Ausführung des Auftrags vom Schuldner zugewendeten Mittel sind keine unentgeltlichen Leistungen an den Auftragnehmer. Verzichtet der Schuldner auf
Herausgabeansprüche gegen den Auftragnehmer, ist dies keine unentgeltliche Leistung, wenn der Auftragnehmer hierfür dem Schuldner einen diesen Verzicht ausgleichenden vermögenswerten Vorteil verspricht.
BGB §§ 242 A, 315
Der in der Satzung einer Unterstützungskasse im Sinne von § 1b Abs. 4 Satz 1 BetrAVG enthaltene Verzicht auf Rückforderungsansprüche hält der Inhaltskontrolle stand.
Bedeutung für die Praxis:
Erneut ist ein wichtiges Urteil zum Schutz der Unterstützungskasse ergangen. Eine von der Körperschaftssteuer befreite Unterstützungskasse darf ihr Kassenvermögen nur satzungsgemäß verwenden. Satzungsgemäßer Zweck einer Unterstützungskasse ist ausschließlich die Gewährung einer betrieblichen Altersversorgung. Eine Rückerstattung des Kassenvermögens an das Trägerunternehmen erfüllt diesen Zweck nicht und würde zur Versagung der Befreiung von der Körperschaftssteuer führen.