Invalidenleistung – Beendigung des Arbeitsverhältnisses

25. März 2022vonvon

Das Bundesarbeitsgericht hatte die Satzung einer Pensionskasse auszulegen, die als Voraussetzung für den Bezug einer Invalidenleistung die Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem Trägerunternehmen der Pensionskasse vorsah.

Sachverhalt:
Dem Kläger, der bereits seit September 2017 arbeitsunfähig erkrankt war, wurde mit Bescheid der gesetzlichen Rentenversicherung von Januar 2019 rückwirkend ab April 2018 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Das Arbeitsverhältnis, das zu diesem Zeitpunkt noch bestand, wurde zum 28.02.2019 einvernehmlich beendet. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt der Kläger ab dem 01.03.2019 eine Invalidenleistung aus der Pensionskasse. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass der Anspruch auf Invalidenleistung ab dem Zeitpunkt der Anerkennung der gesetzlichen Erwerbminderungsrente und somit rückwirkend ab April 2018 entstanden sei. Die Beendigung des Dienstverhältnisses als Leistungsvoraussetzungen für die Gewährung einer Invalidenrente sah der Kläger als unzulässig an.

Das Bundesarbeitsgericht hatte somit über die Zulässigkeit dieser Leistungsvoraussetzung zu entscheiden.

Entscheidung:
Das Bundesarbeitsgericht erkennt das Ausscheiden aus dem Unternehmen als Leistungsvoraussetzung für die Gewährung einer Invalidenleistung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen als zulässig an, sieht hierin aber gleichzeitig eine Abweichung von der Vertragstypik der betrieblichen Invalidenleistung, die nach § 307 Abs. 1 BGB auf eine unangemessene Benachteiligung zu prüfen ist.

Dabei bejaht das Bundesarbeitsgericht zwar grundsätzlich das Interesse des Arbeitgebers, Doppelleistungen (Invalidenleistungen bei gleichzeitigem Bezug von Arbeitsentgelt) zu vermeiden und den Arbeitsplatz neu besetzen zu können. Der Druck auf den Arbeitnehmer, das Arbeitsverhältnis zu kündigen, darf dabei nicht zu groß sein. Daher ist es dem Arbeitnehmer nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichtes nicht zumutbar, sein Arbeitsverhältnis zu beenden, bevor sichergestellt ist, dass ihm auch tatsächlich ein Anspruch auf eine Invalidenleistung zusteht. Daher ist die Vereinbarung des Ausscheidens aus dem Unternehmen als Leistungsvoraussetzung nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nur dann als angemessen anzusehen, wenn eine Regelung getroffen wird, wonach die Invalidenrente ab der Beendigung des Arbeitsverhältnisses rückwirkend für die Dauer des Zeitraumes gewährt wird, um den sich eine positive Entscheidung auf den Antrag des Arbeitnehmers auf Invalidenleistung aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen, um mehr als zwei Monate ab Antragstellung verzögert.

Bedeutung für die Praxis:
Das Bundesarbeitsgericht hält an seiner langjährigen Rechtsprechung fest, wonach die Beendigung des Dienstverhältnisses grundsätzlich als Leistungsvoraussetzung einer Invalidenleistung vereinbart werden darf. Dies allerdings nur unter der vom Bundesarbeitsgericht formulierten Einschränkung. Der Arbeitgeber muss daher entweder innerhalb von zwei Monaten nach Antragstellung über die Gewährung der Invalidenleistung entscheiden oder bei einer Verzögerung, die nicht in der Sphäre des Arbeitnehmers begründet ist, die Invalidenleistung ggf. rückwirkend erbringen.

Sofern in neuen Versorgungszusagen auch weiterhin die Beendigung des Dienstverhältnisses als Leistungsvoraussetzung vereinbart werden soll, empfehlen wir die Aufnahme des vom Bundesarbeitsgerichts formulierten Zusatzes. Bestehende Versorgungszusagen sollten ebenfalls entsprechend angepasst werden, um Auslegungsfragen und eventuellen Streitigkeiten vorzubeugen.

(BAG, Urteil vom 13. Juli 2021 – 3 AZR 298/20)

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