Versicherungsvertragliche Lösung – kein Übergang des versicherungsrechtlichen Widerspruchsrechts

30. Juni 2022vonvon

Geht der Versicherungsvertrag im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung auf die versicherte Person über, steht dieser kein Widerrufsrecht aus dem übergegangenen Versicherungsvertrag zu.

Sachverhalt:
Die Klägerin hatte die ehemalige Direktversicherung im Rahmen der Durchführung der versicherungsvertraglichen Lösung von ihrem Arbeitgeber übernommen und war versicherungsrechtlich in die Stellung des Versicherungsnehmers eingetreten. Die Versicherung wurde zunächst beitragsfrei fortgeführt. Im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung wurde die Versicherung nach § 2 Abs. 2 BetrAVG mit einer Sperrklausel versehen, sodass ein Rückkauf der Versicherung, und somit eine Auszahlung der Versicherungsleistung, vor Eintritt des Versorgungsfalles ausgeschlossen war. Nach Übernahme der Versicherungsnehmereigenschaft widersprach die Klägerin dem Abschluss der Direktversicherung und forderte von dem Versicherer die Rückabwicklung rückwirkend ab Versicherungsbeginn. Die Klägerin war die Auffassung, dass die Widerspruchsfrist gemäß § 5a VVG a.F. nicht zu laufen begonnen hätte, weil ihr damaliger Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß über sein Widerspruchsrecht belehrt worden sei. Dieses Widerspruchsrecht sei mit dem Wechsel der Versicherungsnehmereigenschaft auf die Klägerin übergegangen.

Entscheidung:
Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs stand der Klägerin bei Abschluss des Versicherungsvertrages kein eigenständiges Widerspruchsrecht zu, weil sie zu diesem Zeitpunkt nicht Versicherungsnehmerin, sondern lediglich versicherte Person war. Auch beim Wechsel der Versicherungsnehmereigenschaft im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung ist aus Sicht des Bundesgerichtshofs kein originäres Widerspruchsrecht der Klägerin entstanden, denn die Belehrungspflicht über den Widerspruch hat nur bei Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages zu erfolgen. Die Versicherungsnehmereigenschaft der Klägerin beruhte dagegen nicht auf dem Abschluss eines solchen neuen Versicherungsvertrages. Auch einen Übergang des ursprünglichen Widerspruchsrechts des Arbeitgebers auf die Klägerin im Rahmen der Übertragung der Versicherung sah der Bundesgerichtshof nicht als gegeben an, da ein mögliches Widerspruchsrecht des Arbeitgebers spätestens ein Jahr nach Zahlung der ersten Prämie erloschen sei. Würde man davon ausgehen, dass das Widerspruchsrecht fortbestanden hätte, wäre ein Übergang auf die Klägerin im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bereits daran gescheitert, dass die Versorgungszusage eine Klausel enthielt, wonach in diesem Fall eine Abtretung, Beleihung und Rückkauf der Versicherung nicht zulässig war. Letztendlich wäre nach Ansicht des Bundesgerichtshofs ein „ewiges Lösungsrecht“ vom Versicherungsvertrag auch mit der zwingenden Sperrwirkung des § 2 Abs. 2 Satz 4 und 5 BetrAVG nicht vereinbar.

Bedeutung für die Praxis:
In den letzten Jahren kam es im Rahmen der versicherungsvertraglichen Lösung immer wieder zu Versuchen der versicherten Personen unter Berufung auf das Widerspruchsrecht und entgegen den strengen Vorgaben des Betriebsrentenrechts vorzeitig die Versicherungsleistung abzurufen. Für die Arbeitgeber hätte eine solche Auflösung der Versicherung einen Verstoß gegen das Betriebsrentengesetz darstellen können. Mit dem vorliegenden Urteil des Bundesgerichtshofs ist die arbeitsrechtliche Gefahr aus der Sicht der Arbeitgeber nunmehr gebannt.

(BGH, Urteil vom 23.02.2022 – IV ZR 150/20)

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