Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung

30. Juni 2022vonvon

Die Parteien streiten über die Gewährung des obligatorischen Arbeitgeberzuschusses zur Entgeltumwandlung. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz wurde im Jahr 2018 der Anspruch auf einen obligatorischen Arbeitgeberzuschuss (§ 1a Abs. 1a BetrAVG) zur Entgeltumwandlung in der betrieblichen Altersversorgung eingeführt. Dieser ist für neu abgeschlossene Entgeltumwandlungsvereinbarung seit dem 01.01.2019 ab Beginn der Entgeltumwandlung zu gewähren. Für alle vor dem 01.01.2019 abgeschlossenen Entgeltumwandlungsvereinbarungen muss der obligatorische Arbeitgeberzuschuss aufgrund der Übergangsvorschrift nach § 26a BetrAVG erst seit dem 01.01.2022 geleistet werden. Beruht die Entgeltumwandlung auf einem Tarifvertrag, kann der obligatorische Arbeitgeberzuschuss nach § 19 Abs. 1 BetrAVG abbedungen werden. Seit Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes gibt es eine Vielzahl von Fragen zum obligatorischen Arbeitgeberzuschuss. Jetzt hat das Bundesarbeitsgericht in zwei Fällen eine erste Klarstellung vorgenommen.

Sachverhalt:
Im ersten Fall (3 AZR 361/21) galt für den Kläger und dessen Arbeitgeber seit 2008 ein Tarifvertrag, wonach alle Arbeitnehmer einen Arbeitgebergrundvorsorgebetrag erhalten und darüber hinaus Entgeltumwandlung durchführen können. Ein Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung war im Tarifvertrag nicht vereinbart. Im Jahr 2018 schloss der Kläger im Rahmen des Tarifvertrags eine Entgeltumwandlungsvereinbarung zum 01.01.2019 ab und verlangte daraufhin von seinem Arbeitgeber die Gewährung des obligatorischen Arbeitgeberzuschusses nach § 1a Abs. 1a BetrAVG. Der Kläger forderte den obligatorischen Arbeitgeberzuschuss bis einschließlich 31.12.2021 nach. Nach Auffassung des Klägers kann ein Tarifvertrag, der vor dem 01.01.2019 und somit vor dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 BetrAVG geschlossen wurde, den obligatorischen Arbeitgeberzuschuss nicht wirksam ausschließen. Darüber hinaus machte der Kläger geltend, dass es für die Anwendung der Übergangsvorschrift des § 26a BetrAVG auf den Zeitpunkt des Abschlusses der individualrechtlichen Entgeltumwandlungsvereinbarung ankomme und nicht auf den Zeitpunkt, zu dem der Tarifvertrag in Kraft getreten ist.

Im zweiten Fall (AZR 362/21) fand auf das im Jahr 2000 begründete Arbeitsverhältnis des Klägers ein im April 2019 abgeschlossener Haustarifvertrag Anwendung. Der Haustarifvertrag sah keine Regelung zur betrieblichen Altersversorgung vor, nahm jedoch Bezug auf einen im Jahr 2008 begründeten Flächentarifvertrag, der die Entgeltumwandlung regelte. Ein Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung war in dem Flächentarifvertrag jedoch nicht geregelt. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass der durch den Haustarifvertrag in Bezug genommene Flächentarifvertrag den obligatorischen Arbeitgeberzuschuss nicht wirksam ausschließen könne, da dieser vor dem Inkrafttreten des § 19 Abs. 1 BetrAVG und somit vor dem 01.01.2019 abgeschlossen worden war.

Entscheidung:
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts greift im ersten Fall (3 AZR 361/21) die Übergangsschrift des § 26a BetrAVG. Der Gesetzgeber wollte nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts mit Einführung der Übergangsvorschrift den Beteiligten Zeit geben, sich auf die Neuregelung einzustellen. Beruht die Entgeltumwandlung auf einem Tarifvertrag, kommt es somit nicht darauf an, wann die einzelne Entgeltumwandlungsvereinbarung abgeschlossen wurde, sondern vielmehr darauf, wann der Tarifvertrag, auf dem die Entgeltumwandlung beruht, abgeschlossen worden ist. Dies gilt allerdings nur in den Fällen, in denen der Tarifvertrag auch tatsächlich eine Regelung zur Entgeltumwandlung enthält. Da im vorliegenden Fall die Entgeltumwandlungsvereinbarung auf einem Tarifvertrag beruht und dieser Regelungen zur Entgeltumwandlung enthält, gilt nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Übergangsvorschrift des § 26a BetrAVG. Die Gewährung des obligatorischen Arbeitgeberzuschusses hätte aufgrund der Übergangsvorschrift frühestens ab dem 01.01.2022 gewährt werden müssen. Da sich die eingereichte Klage aber nur auf den Arbeitgeberzuschuss bis zum 31.12.2021 bezog, konnte das Bundesarbeitsgericht die Frage offenlassen, ob §19 Abs. 1 BetrAVG auch auf Tarifverträge Anwendung findet, die vor dem 01.01.2018 geschlossen worden sind.

Die Frage, ob §19 Abs. 1 BetrAVG auch auf Tarifverträge Anwendung findet, die vor dem 01.01.2018 geschlossen worden sind, blieb auch im zweiten Fall (AZR 362/21) offen. Nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts kann ein nach dem 01.01.2019 abgeschlossener Tarifvertrag nach § 19 Abs. 1 BetrAVG den obligatorischen Arbeitgeberzuschuss vollständig ausschließen. Der Ausschluss ist dabei auch nicht auf tarifliche Entgeltbestandteile beschränkt. Ausreichend für den Ausschluss des Arbeitgeberzuschusses ist dabei nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, dass ein nach dem 01.01.2019 abgeschlossener Haustarifvertrag der auf einen anderen bestehenden Tarifvertrag verweist, sofern dieser Tarifvertrag in engem sachlichen Zusammenhang steht. Der Flächentarifvertrag enthielt zwar eine umfangreiche Regelung zur Entgeltumwandlung, jedoch keinen expliziten Ausschluss des Arbeitgeberzuschusses. Das Bundesarbeitsgericht kommt jedoch im Wege der Auslegung des Tarifvertrags zu dem Ergebnis, dass die Tarifvertragsparteien mit der umfangreichen Regelung der Entgeltumwandlung diese abschließend regeln wollten und somit kein Zuschuss des Arbeitgebers geleistet werden sollte. Insofern wurde durch die Bezugnahme des Haustarifvertrags auf den Flächentarifvertrag der obligatorische Arbeitgeberzuschuss wirksam abbedungen.

Bedeutung für die Praxis:
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist zu begrüßen. Die entscheidenden Fragen zum obligatorischen Arbeitgeberzuschuss blieben jedoch offen. Insbesondere die Frage, ob und inwieweit ein vor Inkrafttreten des Betriebsrentenstärkungsgesetzes zugesagter Arbeitgeberzuschuss zur Entgeltumwandlung oder eine freiwillige Arbeitgeberleistung die Voraussetzungen des § 1a Abs. 1a BetrAVG erfüllen oder auf den obligatorischen Arbeitgeberzuschuss angerechnet werden können. Die Unsicherheit für Arbeitgeber bleibt daher weiterhin bestehen.

(BAG, Urteil vom 13.07.2021 – 3 AZR 361/21 und AZR 362/21)

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