Verdeckte Gewinnausschüttung – Vertragsauslegung bei Rentenzahlung und Weiterbeschäftigung

22. Juli 2021vonvon

Sachverhalt:
Eine GmbH hatte ihrem Geschäftsführer eine Versorgungszusage erteilt. Diese enthielt u. a. die folgenden Regelungen:

„(…) Der Versorgungsberechtigte erhält eine lebenslängliche Altersrente nach vollendetem 65. Lebensjahr (feste Altersgrenze), (…). Die Renten werden am Letzten eines jeden Monats gezahlt, beginnend mit dem Monat nach Eintritt des Versorgungsfalles (Vollendung des 65. Lebensjahres, Berufsunfähigkeit bzw. Tod), in dem erstmals kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet werden (…).“

Ein Ausscheiden aus den Diensten des Unternehmens war nicht als Leistungsvoraussetzung geregelt. Im Jahr 2007 erfolgte eine Erhöhung der zugesagten Leistungen. Die GmbH schloss im Jahr 2008 mit dem Versorgungsberechtigten eine Aufhebungsvereinbarung. Das Arbeitsverhältnis wurde zum 30.09.2009 beendet. Ab Oktober 2009 erhielt der Versorgungsberechtigte eine monatliche Rentenzahlung. Zeitgleich schloss die Klägerin mit dem Versorgungsberechtigten einen unbefristeten Arbeitsvertrag, in welchem der Versorgungsberechtigte als Geschäftsführer auf unbestimmte Zeit zu gänzlich neuen Konditionen (eingeschränkte Tätigkeit und ein reduziertes Gehalt) eingestellt wurde.

Das Finanzamt beanstandete die Zahlung von Versorgungsleistungen vor deren Fälligkeit an den Versorgungsberechtigten und hat diese insoweit als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) angesehen. Das FG Schleswig-Holstein stellte mit Urteil vom 04.07.2017 – 1 K 201/14 fest, dass weder eine Kürzung der für die Pensionsansprüche gebildeten Rückstellungen noch die wegen der vorzeitigen Auszahlung der Rente erfolgte vGA erfolgen hätte dürfen. Hingegen ist die vGA wegen der nachträglichen Anhebung der Versorgungsquote berechtigter Weise angenommen worden.

Das Finanzamt ging in Revision. Es vertrat die Auffassung, dass „die Auszahlung der Versorgung vor deren vertraglicher Fälligkeit erfolgt sei, da ein ohne Unterbrechung fortgesetztes Arbeitsverhältnis bestehe. Der Zahlungsanspruch sei nicht nur an die Bedingung des Erreichens der Altersgrenze geknüpft worden, sondern auch daran, dass erstmals kein Gehalt oder entsprechende Zahlungen mehr geleistet würden. Die Auszahlung der Versorgung sei insoweit vollumfänglich als vGA zu würdigen.“

Entscheidung:
Der BFH ist der Auffassung, dass die Zahlung der Altersrente auf den vereinbarten Versorgungsfall wegen der fortbestehenden entgeltlichen Tätigkeit als Geschäftsführer insoweit eine vGA ist, soweit das Einkommen aus der Tätigkeit als Geschäftsführer nicht auf die Versorgungsleistung angerechnet worden ist. Der Ansicht des Finanzamtes, es handele sich hier um ein ohne Unterbrechung fortgesetztes Arbeitsverhältnis und somit sei der Anspruch aus der Versorgungszusage noch nicht fällig, trat der BFH entgegen. Der Abschluss des (neuen) Arbeitsvertrages stellt nach Auffassung des BFH eine eigenständige Neuregelung eines Dienstverhältnisses mit einer darauf abgestimmten Vergütungsregelung dar. Für den Eintritt des Versorgungsfalles genügt es laut dem BFH, wenn das in der Zusage vereinbarten Lebensalter vollendet wird. Ein Ausscheiden wäre somit nicht erforderlich.

Tipp für die Praxis:
Die ständige Rechtsprechung des Senats, dass für die Zusage einer betrieblichen Altersversorgung in Form einer Altersrente nicht zwingend ein Ausscheiden des Versorgungsberechtigten aus dem Unternehmen oder die Beendigung von dessen Dienstverhältnisses erforderlich ist, wurde mit diesem Urteil erneut bestätigt.

Die in der Praxis häufig auftretenden Schwierigkeiten bei Bezug einer Altersrente und der gleichzeitigen Weiterbeschäftigung des Gesellschafter-Geschäftsführers über die vereinbarte Altersrente hinaus, bleiben unseres Erachtens auch nach diesem Urteil bestehen.

Im vorliegenden Fall musste der Senat nicht darüber entscheiden, ob der Erhalt von Versorgungsleistungen neben Gehaltszahlungen nur im Rahmen eines neuen, vom ursprünglichen abweichenden Arbeitsverhältnis möglich ist.

Das Ausscheiden aus dem Unternehmen war nicht Leistungsvoraussetzung, sondern die Auszahlung war lediglich daran gebunden, ob noch ein Gehalt ausgezahlt wird. Das Urteil wäre unseres Erachtens daher nicht anders ausgefallen, wenn der Versorgungsberechtigte noch im Unternehmen tätig geblieben wäre, da der BFH in seinem Urteil die Auffassung vertritt, dass es unerheblich ist, ob das Arbeitsverhältnis als Fortsetzung anzusehen war oder nicht, weil eben das Ausscheiden nicht Leistungsvoraussetzung war. Zudem betont der BFH, dass ein Ausscheiden nicht erforderlich ist, sondern nur die Anrechnung der Leistungen.

Aufgrund der weiterhin bestehenden rechtlichen Unsicherheiten und der damit verbundenen Risiken sollte dieses Gestaltungsmodell weiterhin mit größter Vorsicht genutzt werden.

(BFH, Entscheidung vom 17.06.2020 – I-R-56/17)

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