Kein Barwert für den Allein-GGF

7. Oktober 2020vonvon

Der Allein-Gesellschafter-Geschäftsführer (GGF) einer GmbH ist kein Arbeitnehmer im Sinne des § 17 Abs. 1 S. 1 oder 2 BetrAVG und kann dementsprechend auch keine Entgeltumwandlung im Sinne des § 1 Absatz 2 BetrAVG betreiben.

Die Folge bei etwaiger Entgeltumwandlung: Die Bildung der steuerrechtlichen Pensionsrückstellung in Höhe des Barwerts der unverfallbaren Anwartschaft ist unzulässig. Die damit möglicherweise einhergehende Bevorzugung von Pensionsrückstellungen für Arbeitnehmer im Sinne des BetrAVG ist verfassungsgemäß.

Sachverhalt:

Rückstellungen in der Steuerbilanz sind nach den Vorgaben des § 6a Einkommensteuergesetz (EStG) vor Beendigung des Dienstverhältnisses mit dem Teilwert der Pensionsverpflichtungen einzustellen. Dieser ergibt sich unabhängig von der Gestaltung der zugrundeliegenden Pensionszusage stets aus der Differenz des Barwerts der zukünftigen Pensionsverpflichtungen und dem Barwert gleichbleibender Jahresbeträge.

Ausnahme: Entgeltumwandlungen ab dem 01.01.2001 im Sinne des § 1 Absatz 2 BetrAVG.

Für solche Versorgungszusagen ist nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 S. 1 Halbsatz 2 EStG in Verbindung mit R 6a Absatz 12 EStR der oben beschriebene Teilwert, mindestens jedoch der Barwert der gemäß den Vorschriften des BetrAVG unverfallbaren künftigen Pensionsleistungen, als steuerrechtliche Pensionsrückstellung einzustellen. (sog. Teilwert/Barwert-Vergleich)

Der zugrundeliegende Fall befasste sich mit der Frage, ob diese Regelung auch auf die Entgeltumwandlung eines Allein-GGFs anzuwenden ist, obwohl dieser nicht den Regelungen des Betriebsrentengesetzes unterliegt.

Entscheidung:

Im vorliegenden Fall gewährte eine GmbH ihrem Allein-GGF eine Versorgungszusage durch Entgeltumwandlung und bildete dabei in ihrer Bilanz zum 31.12.2014 eine steuerrechtliche Pensionsrückstellung in Höhe des Barwerts der zum Stichtag unverfallbaren Anwartschaften.

In einer Außenprüfung im Jahr 2016 beanstandete die Fachprüferin diesen Ansatz. Die Rückstellung sei im vorliegenden Fall nicht mit dem Barwert der unverfallbaren Anwartschaft, sondern mit dem Teilwert der zukünftigen Pensionsverpflichtung zu bewerten.

Die Begründung der Prüferin: Die Versorgungszusage sei zum Bilanztermin lediglich vertraglich unverfallbar. Nach R 6a Absatz 12 Satz 4 EStR sei damit nicht der Barwert, sondern der Teilwert anzusetzen. Die Regelung zum Teilwert/Barwert-Vergleich nach § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 S. 1 Halbsatz 2 EStG setze eine Entgeltumwandlung im Sinne von § 1 Absatz 2 BetrAVG voraus, die kraft Gesetzes unverfallbar sind. Diese Voraussetzung sei auf den Versorgungsberechtigten als Allein-GGF nicht anwendbar.

Zwar gab das Finanzgericht Nürnberg der GmbH nach zunächst erfolglosem Einspruch Recht und stellte die inhaltsgleiche vertragliche Unverfallbarkeit der gesetzlichen Unverfallbarkeit gleich.

Der BFH folgte jedoch auf die Revision der Finanzverwaltung hin in seinem Urteil vom 27.05.2020 der Auffassung der Finanzverwaltung und widersprach dem Finanzgericht. Eine vertragliche Unverfallbarkeit reiche nicht aus. Diesbezüglich sei der Wortlaut des Gesetzes eindeutig.

Eine Pensionsrückstellung in Höhe des Barwerts der unverfallbaren Anwartschaften sei in diesem Fall unzulässig.

Begründung:

Mit Einführung des Teilwert/Barwert-Vergleichs wollte der Gesetzgeber die betriebliche Altersversorgung stärken und habe diese Regelung daher bewusst nur für nach dem BetrAVG unverfallbare Anwartschaften vorgesehen. Auch eine verfassungswidrige Bevorzugung von Pensionsrückstellungen für Arbeitnehmer im Sinne des BetrAVG liege im vorliegenden Fall nicht vor. Der arbeitsrechtliche Grundsatz der Gleichbehandlung sei hier nicht anwendbar, da es keine Gleichstellung zwischen beherrschendem Gesellschafter-Geschäftsführer und Arbeitnehmer gebe, da Ersterem kein Anspruch auf Entgeltumwandlung zustehe.

Fazit:

Für andere betroffene Unternehmen stellt sich in der Praxis nun die Frage, wie im Folgejahr mit dem Urteil und den damit einhergehenden möglichen Effekten auf die steuerrechtliche Zuführung umzugehen ist. Gegebenenfalls wurden die zugrundeliegenden Pensionszusagen und der steuerrechtliche Barwertansatz in der Vergangenheit bereits vom Finanzamt geprüft und akzeptiert.

Weiterhin bestätigt der BFH mit diesem Urteil noch einmal die Eigenheiten in der steuerrechtlichen Bewertung von Pensionsverpflichtungen. Für betroffene Unternehmen bedeutet der möglicherweise niedrigere Teilwert-Ansatz ein weiteres „Auseinanderlaufen“ von handelsrechtlichem und steuerrechtlichem Ansatz.

(Bundesfinanzhof, Urteil vom 27.05.2020 – XI R 9/19)